Radelwege und E-Autos: Henne und Ei

Seit dem wir Ferrara verlassen haben, finden wir nun immer mehr Radelwege vor. Besonders schön ist es heute auf unserer Tour von Treviso nach Bassano. Und wo Radelwege sind, treffen wir auch viele Radfahrer.

Als wir vor etwa ein bis zwei Wochen in Umbrien und in der Toskana waren, sahen wir faktisch keine Radfahrer. Dort gibt es nämlich auch keine Radwege. In einer Unterkunft trafen wir ein deutsches Ehepaar, die sich vom Hotel Fahrräder ausgeliehen hatten. Nach einem Tag brachten sie diese wieder zurück, denn man kann dort in der Gegend schlichtweg nicht vernünftig Fahrradfahren.

Wer also Fahrradfahrer haben möchte, der muss eben auch schöne Fahrradwege bereitstellen.

Im Prinzip läuft es genauso wie aktuell in der Diskussion in Deutschland mit den E-Autos. Wer E Autos verkaufen will, muss eben auch Tankstellen zur Verfügung stellen.

Digitale Demenz

Als wir in Assisi mit Bruder Thomas in einem Cafe am Straßenrand saßen, erkannten uns zwei junge deutsche Pilger, die mit unserem Pilgerführer von Florenz nach Assisi gelaufen waren. Sie waren noch voller Eindrücke und wirkten beeindruckt und aufgelöst. Das erste aber was sie uns vorwarfen, sie hätten sich mehrmals verlaufen. Als wir sie auf die GPS-Daten hinwiesen, erzählten sie uns, dass sie diese mit Absicht  nicht nutzen wollten, weil sie sich „ausprobieren“ wollten. Im Laufe des Gespräches kam heraus, dass sie über den Begriff „linkerhand“ rätselten. Der eine meinte dann, sie müssten dann rechts abbiegen – und so ging es munter weiter. Begrifflichkeiten, über die sie stolperten…

Es war die allererste Reise in dieser Art für die Zwei.  Nativ mit Computer, Google Maps und Co aufgewachsenen Jungs, die zum ersten Mal in der Natur Langzeitwandern waren. Kein Gefühl für Entfernung, Himmelsrichtung oder Angaben, die eine Richtung anzeigen. Aber sie haben es geschafft, in Assisi aufzuschlagen (die letzten Etappen hatten sie dann doch die GPS-Daten installiert).

Einer der Beiden ist Realschullehrer und erzählte uns, dass seine Schüler an digitaler Demenz leiden, wirklich nur WhatsApp bedienen könnten. Sie hätten in der Corona-Lockdown-Phase nicht mal gewusst, wie man eine E-Mail verfasst, einen Anhang daran knüpft und absendet. 

Abgesehen davon wüssten die Schüler/innen wohl nicht, dass WhatsApp der unsicherste Nachrichtendienst überhaupt ist, was die Datensicherheit anbelangt.

Wie soll diese heranwachsende Generation wohl schätzen, wie weit es mit dem Fahrrad z.B. von Hamburg nach Bremen ist? Wo Norden oder Süden ist? Zu Fuß nach Assisi pilgern? Ja, man kann jetzt sagen, das sei alles nicht mehr notwendig in der digitalen Zeit. Was ist schon notwendig? Aber es können auch noch schlimmere Krisen kommen als diese und dann? Mit WhatsApp kann man nicht überleben..

Die beiden Jungs haben jedenfalls schmerzlich festgestellt, dass es nicht reicht, GoogleMaps zu lesen und haben vielleicht auf ihrer Pilgerreise einiges fürs Leben gelernt…

Tagesetappe: 25.07.2020

Tag Höhe ↑ (in m) Höhe ↓ (in m) Strecke (in km)
25.07.2020 1.060 939 71,00