Was für ein Vormittag!

Heute Nacht bin ich von Regengeräuschen aufgewacht. Ich dachte „Das hört bis morgens nie auf!“. Als ich um 6 Uhr aus dem Fenster blickte, hatte es tatsächlich aufgehört. Toni, noch verschlafen, brummelte, es sei noch zu früh zum fahren. Nun, so verkroch ich mich noch einmal unter die Decke. Um 8.30 Uhr goss es erneut wie aus Eimern. Dazu die Kälte, es hatte nur 6°C. Nach dem Frühstück schauten wir Wetterberichte an, die verkündeten, dass es heute noch nicht besser werden würde, obgleich sich die Hochwassersituation entspannen solle.

Wir sitzen vor unseren gepackten Satteltaschen im Wohnzimmer und es gießt und gießt und gießt. Ich weigere mich, auf den Drahtesel zu steigen, die Stimmung ist bei uns beiden am frostigen Tiefpunkt. Toni will unbedingt, ich unbedingt nicht. Er argumentiert, wir hätten doch den Poncho, ich lamentiere, ich hätte aber keinen Skianzug dabei! Warum freiwillig da raus? Ich bin doch nicht blöd! Zumal alle Radwege in der Umgebung teilweise noch überflutet sind. Es ist eine schwere Entscheidung. Ich einige mich mit Toni, noch bis morgen zu warten. Aber morgen geht es endgültig los, mit der Kulturradreise, mit dem schönen Wetter, mit der guten Stimmung. Versprochen!
Unsere erste Etappe Landsberg geht unter. Bildquelle: dpa

Augsburg und die Fuggerei

Einen Vorteil hatte heute die verschobene Abfahrt: Wir besuchten das 18 km entfernte Augsburg als Touristen! Sonst nur als Shopping-Stadt genutzt, hatten wir Zeit, alles mit anderen Augen zu sehen…

In Augsburg sind u. a. wichtige Personen geboren: Berthold Brecht, Mozarts Papa, Jakob Fugger – und ich 😉

Wir besichtigen die Fuggerei (dort war ich noch nie, unglaublich oder?). Ein Besuch ist für den Augsburg-Touristen ein Muss. Man erfährt viel über Werdegang und den Reichtum Augsburgs, der nicht zuletzt auch von den damals einflussreichen Fuggern maßgeblich mit verursacht wurde.

Was ist die Fuggerei? Es ist die älteste Sozialsiedlung überhaupt, erbaut von Jakob Fugger dem Reichen, im Jahre 1521. Zuerst hieß die Siedlung „Fuckerei“. Damals schon war die Miete für eine Wohnung unglaublich günstig: umgerechnet 0,88 Euro pro Jahr.
Es gab aber Bedingungen:  Bedürftig musste man natürlich sein, katholischer Konfession angehören und zuletzt drei Gebete täglich für die Fuggerfamilie beten. Das wars. Und man stelle sich vor, das alles ist bis heute so geblieben, inklusive der Gebete!
Im Kriege Februar 1944 völlig zerstört, bauten die Fugger es schon im gleichen Jahr wieder auf und erweiterten die Siedlung sogar. Ein lebendiges Museum, aber noch heute sozialer Wohnungsbau, wirklich reizend, bescheiden, schön. Die Wohnungen finanzieren sich durch Eintrittsgelder und Spenden und werden nach wie vor von der Fuggerfamilie verwaltet.
Wir gehen weiter zum Perlachturm und dem Rathaus, das neben der Fuggerei und dem Dom zu den tollsten Sehenswürdigkeiten zählt. Es ist ein Beispiel der Renaissancebauweise, die ihresgleichen sucht. Im Rathaus befindet sich der „Goldene Saal“, der besucht werden muss. Wer mehr darüber wissen will: http://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Saal
Der Perlachturm ist noch viel älter. 989 wurde er erschaffen und sollte als Wachturm für die Reichsstadt dienen. Er wurde oft umgebaut und letzlich im Zuge der Rathausfassadengestaltung optisch angeglichen. Auf Wikipedia kann man die Gestaltung des Turmes zu Fuggers Zeit bewundern.