Vor lauter Marokko hatte ich keine Zeit noch ein kurzes Fazit zu Spanien zu ziehen. Radfahrtechnisch habt ihr ja mitbekommen dass es mit Radwegen nicht so gut ist. Also ein reiner Radurlaub in Spanien würde ich nicht unbedingt machen. Allerdings sind die Nebenstrecken kaum befahren und die Spanier passen gut auf.
Die Qualität der Hotels sind von Norden nach Süden durchgängig gut und sauber. Das Essen ändert sich erstaunlicherweise in ganzen Land nicht großartig.
Das Tolle für uns war, dass man selbst im Binnenland Fisch bekommt und kein Vermögen ausgeben muss.
Im Süden ist es mit Früchten besser, besonders Orangen gepresst sind sehr lecker.
In Katalanien haben wir die Leute nicht so nett empfunden, wie im übrigen Spanien.
Kulturell war insbesondere Figueres interessant, Barcelona ja, aber überlaufen, Valencia sehr schön. Ronda ein Traum, muss man dortgewesen sein!
Also uns hat es unterm Strich sehr gut gefallen.
Archiv des Autors: simone
Tourismus nein danke – Tourismus ja bitte!
Um 2.20 fängt mein erster Tag in Marokko an. Die Wecktrommler des Ramadan ziehen durch die Straßen und wecken Mensch, Hund und Katz auf, damit sie essen und beten. Kurz danach Stimmengewirr auf den Straßen, Autos fahren wild hin und her. Kurz darauf Stille, eine ganze Weile später singt der Muẹzzin. Dann kräht der erste Hahn, es wird langsam hell. Unglaubliche Ruhe tritt ein, kein Auto fährt, kein Mensch redet, nichts mehr regt sich. Irgendwann finde ich durch diese Stille doch wieder in den Schlaf und wache gegen 8.00 Uhr Ortszeit auf. Es ist genauso still wie früh morgens. Die Menschen schlafen offensichtlich immer noch.
Ich dachte wirklich nicht, dass hier in diesem touristischen Ort der Ramadan so strickt eingehalten wird. Überhaupt dominiert das islamische Leben das Bild. Frauen, seltenst mit offenen Haaren, wenn überhaupt zu sehen, mit bunten Gewändern. Es ist eine Männerwelt, zumindest auf der Straße und sogar am Strand gehen die Männer mit den Kindern baden, keine Frau zu sehen.
Später sitze ich beim Friseur auf einem kleinen Stuhl, auch der Laden ist klein, während Toni sich rasieren lässt und ich habe Zeit, die Straße durch die offene Türe zu inspizieren.
Drüben auf der anderen Seite sitzen drei Berberfrauen mit bunten Hüten und verkaufen Kaktusfrüchte. Ein Pferdekarren fährt vorüber, eine Oma, gebeugt vom Alter mit herrlich türkisnem Outfit, mit Silberbordüren eingefasst, schleicht vorbei. Ein zerlumpter Bettler macht die Runde, mit zuckenden Armen und zerlumpten Kleidern. Jemand gibt ihm etwas. In dem Moment biegt ein nobles deutsches Fahrzeug mit holländischem Kennzeichen um die Ecke. Ein Lastwagen hinter dem Geschäft lässt den Motor laufen, lädt Speiseeis aus, es riecht nach Diesel. Es ist eine Welt der Ungleichzeitigkeiten, alles auf einmal und doch in verschiedenen Zeitaltern, so kommt es mir vor.
Allerdings finde ich es hier viel ärmer und die Leute sind vielleicht deswegen sehr aufdringlich, weil sie es wirklich nötig zu haben scheinen. Sie sind aggressiver und ein „Nein“ wird schwer akzeptiert. Mittlerweilen haben wir unser Pokerface gefunden und es geht nun etwas besser mit dem Abwimmeln der Händler.
Es ist mir nicht alles fremd, ich kenne vieles aus der Türkei, die wir oft bereisen. Aber so richtig wohl fühle ich mich (noch) nicht, im Gegensatz zu Toni habe ich das Gefühl, mich als Frau oder als Touristin nicht frei bewegen zu können.
Plötzlich finde ich Tourismus ganz toll und bin froh um jeden Franzosen oder Spanier, den man zu Gesicht bekommt. So kann sich das Blatt wenden!
P.S. Wir sind heute nicht gefahren, haben einen Ruhetag eingelegt, um uns ein wenig schlauer zu machen und zur Ruhe zu kommen.
Larache
Sind nach Larache gefahren weil wir glaubten hier etwas mehr Komfort anzutreffen als in Asilah. Sprich essen und trinken untertags. Leider Fehlanzeige. Wir sind die einzigen Auslaender hier und tun uns nun unheimlich schwer. Wir sitzen in einem Internetcafe und haben kein WiFi und nur eine arabische Tastatur. Morgen geht es so schnell wie moeglich nach Rabat; der Reisefuehrer verspricht dort mehr Infrastruktur. Deswegen jetzt auch keine Bilder. Es gibt auch nicht viel Fotogenes hier; es ist leider alles sehr schmutzig und die Menschen unfreundlich.
Mittendrin und voll dabei
Mein neuer Reiseführer von Dumont 2012 schreibt über Larache folgendes: „Larache liegt in einer schönen Landschaft inmitten von Obstplantagen…Die Stadt hat eine sehenswerte Medina.“
Desweiteren hat er u. a. Hotelempfehlungen enthalten. Das beste Hotel am Platze, angeblich familientauglich, schaut aus, als ob eine Bombe darin eingeschlagen hätte. Es hat komplett geschlossen, das Eisentor ist zu. Es wird angeblich bis „Juni 2011“ renoviert sein, sagt eine verwitterte Tafel.
Von der Obstplantage habe ich beim Einfahren nichts gesehen, hier ist alles kahl drumherum. Der Reiseführer enhält ein Bild von Larache, sehr malerisch, die Promenade mit den Ruinen im Hintergrund und eine bedachte Arkade. Die Arkade steht noch, die Ruinen auch, aber die Beschattung ist weggerissen, Fetzen hängen noch da. Der Abgrund ist voller Müll, bis zum Badestrand, nur männliche Marokkaner baden dort. Die Medina ist mehr als schmutzig, sie ist eklig und stinkt. Mir ist permanent übel, zu essen gibt es ja eh nichts, zu trinken auch nicht. Mir vergeht das Sightseeing, zur Ruinenstadt will ich erst recht nicht mehr.
Am Fischerhafen streiten sich die aggressiven Männer, ein Gerangel, der riesige Fisch, um den offensichtlich gestritten wird, fällt platschend auf den dreckigen Boden, die Polizei geht dazwischen, ein Tumult sondersgleichen.
Das verstehe ich alles nicht. Entweder der Reiseführer übertreibt maßlos oder die haben den Tourismus hier abgeschafft.
Omei, so habe ich es mir wirklich nicht erdacht. Zumal die Leute an der Küste vom Tourismus zwar leben wollen, aber den Touristen knallhart am Ramadan nichts zu essen oder zu trinken geben. Sie nehmen uns nicht mal wahr, was zu verstehen ist.
Manche sind bettelarm, Kleider in Fetzen, dürr und hungrig und stromern durch die Stadt. Hier kann man doch als Reisender nicht Kultur, Geschichte oder was weiß ich was genießen. Ich finde es nicht schön, all das Elend zu sehen, ich kann auch nicht darüber hinwegsehen, alles tut mir sehr leid. Bestimmt ist es als Radtourist auch anders als mit einer Reisegruppe, da wird man nur dorthin geführt, wo es halbwegs okay ist, und düst schnell wieder ab. Aber hier ist man mittendrin und voll dabei.
Rabat – ganz anderes Marokko
Wir sind in Rabat angelangt, der Hauptstadt von Marokko. Hier ist alles ganz anders. Erstens gibt es eine große Auswahl an Hotels, auch mit besserem Standard. Zweitens ist alles sauberer. Drittens strahlen nun die Leute auch mal und lachen und scherzen. Mit uns und auch untereinander. Ein Junger Mann wollte gleich mein Fahrrad ausprobieren und war schwer begeistert. Die Mädchen im Hotel bewundern mich, weil ich so weit mit dem Rad gefahren bin. „Strong Woman, is this nice!“
Nun, Geld bedeutet wie überall, auch in Marokko Handlungsspielraum, Bildung und Sauberkeit. Die Frauen zeigen sich teilweise unverhüllt.
Ein lebhafter Markt befindet sich in der Medina, zwar isst und trinkt niemand, aber offensichtlich leiden diese Menschen nicht darunter. Wir werden nicht „angemacht“ und können alles bestaunen.
Es gibt keine Pferdekarren, nur elegante Reiter, die die Sehenswürdigkeiten der Stadt bewachen. Touristen sind hier zwar keine, aber dafür alles, was man zum Leben braucht. Im Hotel gibt es sogar Frühstück, heute morgen haben sie uns hungrig außer Haus radeln lassen.
Nun, wir konnten noch kurz einen Blick auf das Mausoleum Mohameds V. werfen, leider heute schon geschlossen, wegen der Flugschau, die wir auch bestaunen durften.
Hier lässt es sich aushalten. Ja, was so ein König in der Stadt doch ausmachen kann.
Rabat – Fotogen und schön
Wir bleiben heute in Rabat und besichtigen die Stadt. Zuerst gehen wir durch die Medina (Altstadt mit Basar) in Richtung Kasbah, das ist eine Festung. Im Inneren befinden sich Wohnhäuser, sehr fotogen und ein schöner Garten mit einer Terasse, auf der man Pfefferminztee und einige Teighäppchen verkosten kann. Wir genießen dies und die Aussicht und unterhalten uns mit einer Frau mit erwachsenen Töchtern (Drillingen) aus Arizona. Sie sind nur für zwei Tage in Marokko und jetten morgen weiter nach Paris, wo eine der Töchter studiert. In dieser Zeit haben sie Casablanca, Marrakesch und Rabat besichtigt. Sie finden es „fantastic“.
Wir gehen weiter durch den Garten und zum Mausoleum von Hassan II, das gestern Abend schon geschlossen war. Dort sollte eigentlich einmal vor langer Zeit eine Moschee erbaut werden, das hat aber nicht funktioniert, Streit und unter anderem ein Erdbeben zerstörte bis auf die Säulen alles. Den Platz und die Säulen haben sie gelassen. Man sieht die riesigen Ausmaße aber deutlich, die das Bauwerk hätte haben sollen.
Das Mausoleum ist feudal verziert und im Inneren steht einzig der Sarkophag von Hassan II, (und sein Bruder in der Ecke des Raumes) der Großvater, des amtierenden Königs. Den amtierenden König nennen sie hier nur kurz „M6“.
Unser erster Schock von Larache und Asilah ist überwunden, sind wir doch hier in einer zivilisierten Stadt und genießen das gediegende orientalische Treiben auf der Straße. Ich glaube, ich würde als Marokkoneuling zuerst hier anfangen, hier gibt es keine falschen Führer, keine Anmacher und niemanden, der einen irgendwo hineinzieht.
Leider können wir nicht viel kaufen, denn wir müssen ja mit den Rädern noch weiter nach Marrakesh.
Wir werden allerdings noch hier bleiben und morgen mit dem Zug einen Ausflug – ohne Räder – in die Königsstadt Fes unternehmen. Der Reiseführer verheißt eine schöne Stadt, in die sich die dreistündige Zugfahrt zu lohnen scheint.
Fés muss man gesehen haben
Zumindest, wenn man noch nicht in Marrakesch war, das können wir aber erst beurteilen, wenn wir dort eingetroffen sind.
Zuerst buchen wir ein „Petit Taxi“ (kleines Taxi) für ein paar Dirhams, er fährt uns rundherum und hält auch geduldig, wenn wir fotografieren wollen. Eine verstörend schöne Stadt inmitten einer kargen Landschaft präsentiert sich vor unseren Füßen.
Auch das Gerberviertel ist Teil dieser wilden Rundfahrt, ohne Gurt und mit viel Vertrauen. Manchmal denk ich mir, Radfahren ist ungefährlicher, während ein völlig skelletierter Esel aus einer Mülltonie frisst. Mitten in der Stadt. Was würde Fred Rai aus Dasing wohl dazu sagen?
Wir essen Mittag in einem (Pst nicht weitersagen) McDonalds, woanders gibt es nämlich nichts zu beißen, wie überall.
Vom Tourismus auch hier nichts zu spüren. Wir werden kaum angemacht, obwohl der Reiseführer vor der „Plage“ der falschen Führer warnt. Entweder, die erschrecken schon bei unserem Anblick oder es ist eben Ramadan.
Wir laufen in die Medina, sehr verschlungen das Ganze und sind auf der Suche nach dem angeblich schönsten Platz der arabischen Welt. „Ja Himmi,“ denk ich mir, wer soll denn all diese Millionen Sonnenbrillen, billigen Lampen und stinkigen Gerberteile kaufen, wenn sie die einzigen Touristen (uns) grundlos auf deutsch „Arschloch“ hinterherplärren? Nun, wir denken uns unseren Teil und gehen cool weiter.
Den Platz haben wir leider nicht gefunden, aber dafür ein verwunschenes, fast schon, wie soll ich sagen, gottloses Plätzchen, in dem wir Tee und Wasser trinken können. Ein marokkanisches Restaurant mit mürrischer Bedienung zwar, aber eine Kulisse wie aus 1001 Nacht.
Abends im Zug kommt Spannung auf. Wir sitzen in einem Abteil mit lauter Männern (wen wunderts) und es ist gerade die Zeit des Fastenbrechens. Wir warten, wie diese „Zeremonie“ ablaufen könnte und beobachten. Ein gut gekleideter Mann erklärt uns auf französisch, dass es in 20 Minuten was zu essen gäbe, es sei ja Ramadan. Ja, das wissen wir längst.
Und dann gehts los. Sie blicken auf die Uhr und – essen. Kurz darauf versinken alle, bis auf einen zaundürren Jungen, in Tiefschlaf. Das wars! Kein Gebet, keine Ehrfurcht, nichts! Null Komma Josef! Es ist wohl doch nur Fassade, denke ich mir…
Das müsste man mal medizinisch untersuchen! Jetzt schlafen sie eh schon den ganzen Tag und nach dem Abendessen wieder! Brutal.
Nun gut, der zaundürre Junge meinte wohl, weil wir nichts zu uns nahmen, wir würden verhungern und schenkte uns – unabwendbar – zwei von seinen köstlichen Zitronenküchlein. Es hat mich sehr gerührt. Wie gut es uns doch geht in Deutschland, kein Junge hat mir je zu Essen geschenkt.
Ja das war unser Tag in Fés. Es gäbe noch 1001 Geschichten zu erzählen, aber ich bin jetzt sehr müde. Toni ist an einer fieberhaften Darminfektion erkrankt, kein Wunder, hier mangelt es an Hygiene hinten und vorne.
Wir starten morgen – sofern es Tonis Gesundheitszustand zulässt – in Richtung Marrakesch. Wir werden es zu Ende bringen, soviel steht fest. Gute Nacht allseits.
Bus – Rad – Bus – Pension
Es war schon immer festgestanden: Wenn wir die Küstenstraße nehmen würden, würden wir mit dem Bus um das Moloch Casablanca herumfahren. Eigentlich wollten wir bequem mit dem Zug reisen, in einem klimatisierten Abteil sitzen und uns das Ganze von außen ansehen. Aber hier in Marokko kommt es eben immer anders, als man denkt oder plant.
Gestern hatten wir die Dame am Schalter gefragt, ob es möglich sei, die Räder im Zug zu transportieren, sie meinte, im Nachbarort am Bahnhof ginge das, es sei überhaupt kein Problem. So fuhren wir heute morgen arglos dorthin. Da wollten sie uns umgehend aus dem Bahnhofsgebäude werfen, keine Fahrräder erlaubt! Wir setzten uns durch und Toni verhandelte mit dem Personal. Letztendlich kauften wir ein Ticket erster Klasse, dort sei Platz für die Räder.
Als wir auf den Bahnsteig schieben wollten, gestikulierten sie wild, das sei verboten. Ja was jetzt? Der Beamte verstand Toni wohl nicht richtig und meinte, wir würden aus unseren Rädern ein kleines Paket machen und dann aufgeben. Pfff.
Nun ja, der Busbahnhof, die ungeliebte Alternative – kennen wir das Theater ja von Tangier – blieb unsere einzige Alternative. Um es kurz zu machen, wir haben vorher nicht nach dem Preis der Räder gefragt. FEHLER! Als sie im Inneren des Busses lagen, wollten sie unverschämt viel Geld. Ich handelte ihn runter und als das Geld floss, grinste er und klopfte dem Toni auf die Schulter.
Dann, im Bus, fand ein Männerkampf statt, um was es ging, ich weiß es nicht, sie schrien und schupsten und kreischten, es gipfelte darin, dass der Mann, der unglaublich schrie, aus dem Bus geworfen wurde, fünf Männer zerrten ihn in den Dreck und dann weinte er draußen. Ach ach. Manchmal denke ich mir, wieso hab ich denn nicht in Gibraltar aufgehört?
Wir ließen uns um Casablanca schippern, das war das Beste was wir tun konnten. Ja das ist ja der Hammer. Es entbehrt sich jeglicher Erzählung, wie schlimm es dort aussieht, wie Menschen dort hausen und es zugeht.
Später ließen wir uns in ländlicher Gegend rauswerfen und fuhren mit den Bikes ca. 40 Kilometer im Landesinneren. Das glaubt ihr nicht, wie heiß es hier ist. Es hatte auf dem Thermometer 47 Grad! Autos sind hier kein Problem, es gibt kaum welche, der Seitenstreifen ist auch in Ordnung. Aber unser Wasser war schnell zu Ende, weil wir am Bahnhof nichts kaufen konnten. Tonis Konstitution verschlechterte sich wieder.
So beschlossen wir, den nächsten Überlandbus aufzuhalten und uns bis ca. 40 Kilometer vor Marrakesch fahren zu lassen (Sidi Bou Othmane), wo wir heute übernachten. Dies klappte problemfrei, denn die Busse sind allesamt halbleer. Dennoch lassen wir es uns nicht nehmen, die letzten Kilometer zu strampeln! Das sind wir uns selber schuldig!
Das heißt jetzt, wir kommen morgen in Marrakesch an. Das Ziel ist fast erreicht, und ich bin schon froh. So Allah, Gott will!