Wieso denn bloß …

fahren Menschen an Orte, an denen Sie das gleiche erleben wie woanders auch?
Beispiel: Wir waren gestern und heute morgen in Aix-en-Provence – keine Frage – ein wunderschöner Ort. Doch wo halten sich alle auf – in der Innenstadt, in den Gassen mit dem Geschäften.
Ja und die Läden sind großteils die, die es überall auf der Welt gibt. Es gibt dort viele Dinge zu kaufen und zu bestaunen – aber es sind die gleichen Klamotten, Taschen, etc. wie in anderen Fußgängerzonen anderer Städte auch. Warum also fahren Menschen dahin?
Die Welt wird sich immer gleicher und deshalb findet man überall die gleichen Produkte, die feilgeboten werden – völlig egal, wo auf der Welt man sich befindet.
Warum also reisen?

Der Toni

Den ganzen Tag hab ich überlegt, ob es die richtige Plattform ist, meinem lieben Mann Toni eine Liebeserklärung zu machen, denn es ist ja eine Radreise, und ich wollte kulturell berichten.

Aber ich tus einfach, weil ich den ganzen Tag schon darüber brüte und er ja ein wichtiger und unentbehrlicher Teil dieser Geschichte ist.

Toni liest die Karten und findet immer den Weg. Er fragt nach den Zimmern und wenn die Straße zu nervig ist, fährt er hinter mir und verteitigt mich gegen die Autos, die zu knapp vorbeibrausen. Er zeichnet das GPS auf und jeden Tag stellt er die Internetleitungen sicher – in jedem Land! Nebenbei coacht er die Arbeit.

Toni fährt viel ausdauernder als ich, ich hänge ständig hinterher, es scheint ihm die Belastung nichts anzuhaben. Er ist geduldig wie ein Pferd, wenn mir die Nerven durchgehen oder ich die Heulsusi bin.

Und: er sieht super aus auf seinem Velo!

Also für mich gibts nur diesen einen Mann, der mit mir durch die Welt und durch das Leben radelt: Der Toni!

Radfahren ist wie Meditation

Für mich ist Radfahren wie Meditation. Ich trete den ganzen Tag mit der gleichen Frequenz vor mich hin – ohne Kraftanstrengung. Und diese Gleichförmigkeit gibt mir Harmonie, Einssein und ich werde leer im Kopf.
Dann bin ich bereit all das aufzunehmen und zu empfinden, was sich um mich herum abspielt – die Natur, die Wärme, die Geräusche, den Wind, den Verkehr, usw.
Und so strampele ich vor mich – bin eins mit dem Rad, mit mir und manchmal sehe ich dann auf die Uhr und merke, wie schnell die Zeit vergeht.
Manchmal geht es mir beim Joggen – sobald das Tempo stimmt, der Rhythmus ok ist, dann „läuft“ es sich von ganz alleine und ich kann Zeit und Raum vergessen und ganz in dem Rhythmus aufgehen.
Habt ihr auch Sportarten oder Betätigungen, wo es Euch so geht?

Arles – Schrecken mit Ende

Wir fahren durch die Carmargue, es ist ruhig, wahnsinnig ruhig. Natur umgibt uns, es geht flach dahin, Möwen kreisen ab und an über uns. Links und rechts sehe ich weiße Pferde, auf denen manchmal Reiher sitzen, ganz beschaulich, gemütlich. Schilf wächst an den Wässerchen, viele Wildblumen gibt es und Tiere, wilde und gezähmte.

Es sind Schilder angebracht, die anzeigen, dass die Autofahrer auf die fahrradfahrenden Menschen aufpassen sollen. Nur: wir sind die Einzigen, die hier fahren, obwohl es offensichtlich für Radfahrer voll erschlossen ist.

Die, die hier radfahren sollen, werden wie das Vieh durch Arles getrieben, wie es in Venedig nicht schlimmer sein kann. Menschenmassen quälen sich durch das „Gallische Rom“ mit den Sehenswürdigkeiten aus römischer Zeit. Ich ersticke hier schier vor lauter Touristen, ein Wahnsinn, bei dem sich Van Gogh und Cezanne wahrscheinlich im Grabe umdrehen würden, wüssten sie, was hier in ihren eigentlich reizenden Städchen nun vor sich geht.

Ich kann dem nun so gar nichts abringen, es kommt keine Sightseeing-Stimmung auf, sie vergeht mir eher. Das hat nichts mehr mit Kultur zu tun, das ist reine Geldverdienerei und die Menschen machen es mit, ohne zu hinterfragen. Sie schauen auf die Geschichte anderer, während wir unsere eigene schreiben.

Mein Fazit des Tages: Da kann ich die Informationen über Arles locker aus Wikipedia auslesen, daheim auf der Couch bei einem Gläschen französischen Wein und muss nicht deswegen die weite Reise nach Frankreich auf mich nehmen.

Tagesetappe: 07.07.2012

Tag Höhe ↑ (in m) Höhe ↓ (in m) Strecke (in km)
07.07.2012 121 131 60,45