Fés muss man gesehen haben

Zumindest, wenn man noch nicht in Marrakesch war, das können wir aber erst beurteilen, wenn wir dort eingetroffen sind.

Zuerst buchen wir ein „Petit Taxi“ (kleines Taxi) für ein paar Dirhams, er fährt uns rundherum und hält auch geduldig, wenn wir fotografieren wollen. Eine verstörend schöne Stadt inmitten einer kargen Landschaft präsentiert sich vor unseren Füßen.

Auch das Gerberviertel ist Teil dieser wilden Rundfahrt, ohne Gurt und mit viel Vertrauen. Manchmal denk ich mir, Radfahren ist ungefährlicher, während ein völlig skelletierter Esel aus einer Mülltonie frisst. Mitten in der Stadt. Was würde Fred Rai aus Dasing wohl dazu sagen?

Wir essen Mittag in einem (Pst nicht weitersagen) McDonalds, woanders gibt es nämlich nichts zu beißen, wie überall.

Vom Tourismus auch hier nichts zu spüren. Wir werden kaum angemacht, obwohl der Reiseführer vor der „Plage“ der falschen Führer warnt. Entweder, die erschrecken schon bei unserem Anblick oder es ist eben Ramadan.

Wir laufen in die Medina, sehr verschlungen das Ganze und sind auf der Suche nach dem angeblich schönsten Platz der arabischen Welt. „Ja Himmi,“ denk ich mir, wer soll denn all diese Millionen Sonnenbrillen, billigen Lampen und stinkigen Gerberteile kaufen, wenn sie die einzigen Touristen (uns) grundlos auf deutsch „Arschloch“ hinterherplärren? Nun, wir denken uns unseren Teil und gehen cool weiter.

Den Platz haben wir leider nicht gefunden, aber dafür ein verwunschenes, fast schon, wie soll ich sagen, gottloses Plätzchen, in dem wir Tee und Wasser trinken können. Ein marokkanisches Restaurant mit mürrischer Bedienung zwar, aber eine Kulisse wie aus 1001 Nacht.

Abends im Zug kommt Spannung auf. Wir sitzen in einem Abteil mit lauter Männern (wen wunderts) und es ist gerade die Zeit des Fastenbrechens. Wir warten, wie diese „Zeremonie“ ablaufen könnte und beobachten. Ein gut gekleideter Mann erklärt uns auf französisch, dass es in 20 Minuten was zu essen gäbe, es sei ja Ramadan. Ja, das wissen wir längst.

Und dann gehts los. Sie blicken auf die Uhr und – essen. Kurz darauf versinken alle, bis auf einen zaundürren Jungen, in Tiefschlaf. Das wars! Kein Gebet, keine Ehrfurcht, nichts! Null Komma Josef! Es ist wohl doch nur Fassade, denke ich mir…

Das müsste man mal medizinisch untersuchen! Jetzt schlafen sie eh schon den ganzen Tag und nach dem Abendessen wieder! Brutal.

Nun gut, der zaundürre Junge meinte wohl, weil wir nichts zu uns nahmen, wir würden verhungern und schenkte uns – unabwendbar – zwei von seinen köstlichen Zitronenküchlein. Es hat mich sehr gerührt. Wie gut es uns doch geht in Deutschland, kein Junge hat mir je zu Essen geschenkt.

Ja das war unser Tag in Fés. Es gäbe noch 1001 Geschichten zu erzählen, aber ich bin jetzt sehr müde. Toni ist an einer fieberhaften Darminfektion erkrankt, kein Wunder, hier mangelt es an Hygiene hinten und vorne.

Wir starten morgen – sofern es Tonis Gesundheitszustand zulässt – in Richtung Marrakesch. Wir werden es zu Ende bringen, soviel steht fest. Gute Nacht allseits.

Tagesetappe: 02.08.2012

Tag Höhe ↑ (in m) Höhe ↓ (in m) Strecke (in km)
02.08.2012 1.770 1.264 302,56

Bus – Rad – Bus – Pension

Es war schon immer festgestanden: Wenn wir die Küstenstraße nehmen würden, würden wir mit dem Bus um das Moloch Casablanca herumfahren. Eigentlich wollten wir bequem mit dem Zug reisen, in einem klimatisierten Abteil sitzen und uns das Ganze von außen ansehen. Aber hier in Marokko kommt es eben immer anders, als man denkt oder plant.

Gestern hatten wir die Dame am Schalter gefragt, ob es möglich sei, die Räder im Zug zu transportieren, sie meinte, im Nachbarort am Bahnhof ginge das, es sei überhaupt kein Problem. So fuhren wir heute morgen arglos dorthin. Da wollten sie uns umgehend aus dem Bahnhofsgebäude werfen, keine Fahrräder erlaubt! Wir setzten uns durch und Toni verhandelte mit dem Personal. Letztendlich kauften wir ein Ticket erster Klasse, dort sei Platz für die Räder.

Als wir auf den Bahnsteig schieben wollten, gestikulierten sie wild, das sei verboten. Ja was jetzt? Der Beamte verstand Toni wohl nicht richtig und meinte, wir würden aus unseren Rädern ein kleines Paket machen und dann aufgeben. Pfff.

Nun ja, der Busbahnhof, die ungeliebte Alternative – kennen wir das Theater ja von Tangier – blieb unsere einzige Alternative. Um es kurz zu machen, wir haben vorher nicht nach dem Preis der Räder gefragt. FEHLER! Als sie im Inneren des Busses lagen, wollten sie unverschämt viel Geld. Ich handelte ihn runter und als das Geld floss, grinste er und klopfte dem Toni auf die Schulter.

Dann, im Bus, fand ein Männerkampf statt, um was es ging, ich weiß es nicht, sie schrien und schupsten und kreischten, es gipfelte darin, dass der Mann, der unglaublich schrie, aus dem Bus geworfen wurde, fünf Männer zerrten ihn in den Dreck und dann weinte er draußen. Ach ach. Manchmal denke ich mir, wieso hab ich denn nicht in Gibraltar aufgehört?

Wir ließen uns um Casablanca schippern, das war das Beste was wir tun konnten. Ja das ist ja der Hammer. Es entbehrt sich jeglicher Erzählung, wie schlimm es dort aussieht, wie Menschen dort hausen und es zugeht.

Später ließen wir uns in ländlicher Gegend rauswerfen und fuhren mit den Bikes  ca. 40 Kilometer im Landesinneren. Das glaubt ihr nicht, wie heiß es hier ist. Es hatte auf dem Thermometer 47 Grad! Autos sind hier kein Problem, es gibt kaum welche, der Seitenstreifen ist auch in Ordnung. Aber unser Wasser war schnell zu Ende, weil wir am Bahnhof nichts kaufen konnten. Tonis Konstitution verschlechterte sich wieder.

So beschlossen wir, den nächsten Überlandbus aufzuhalten und uns bis ca. 40 Kilometer vor Marrakesch fahren zu lassen (Sidi Bou Othmane), wo wir heute übernachten. Dies klappte problemfrei, denn die Busse sind allesamt halbleer. Dennoch lassen wir es uns nicht nehmen, die letzten Kilometer zu strampeln! Das sind wir uns selber schuldig!

Das heißt jetzt, wir kommen morgen in Marrakesch an. Das Ziel ist fast erreicht, und ich bin schon froh. So Allah, Gott will!

Jedes Ende hat einen Anfang

Wir sind auf den letzten Kilometern. Wahnsinn! Als wir begannen, die Tour zu planen, war das Ziel – Marrakesch – noch unendlich weit weg. Jetzt ist es fassbar. Ein gutes Gefühl.
Wir haben noch knapp 40 km vor uns und das sollten wir am Freitag schaffen.
Ich denke zurück an die Tour: Für uns waren die vergangenen sechs Wochen wie eine halbe Ewigkeit. Wir haben wahnsinnig viel erlebt und doch waren es „nur“ wenige Wochen.
Wir sind über die Schweiz nach Italien geradelt, haben uns wieder in die Alpen bewegt und haben Frankreich erlebt. Dann kamen wir nach Spanien, nach Mallorca und wieder zurück aufs Festland. Quer durch Andalusien sind wir nach Gibraltar gekommen – einen Tag in England. Es folgte die Fähre hinüber nach Afrika und da sind wir nun und radeln unserem Tourenziel entgegen.
Wir haben es in vollen Zügen genossen – nicht immer – aber überwiegend. Wir haben stets darauf geachtet, ruhige Straßen zu finden. In der Schweiz und auch in Frankreich war das sehr einfach. Da werden wir sicherlich noch einmal mit dem Rad Urlaub machen.
In Spanien ist es nicht ganz einfach mit dem Fahrrad. Meist bewegt man sich auf Straßen, auf denen auch Autos fahren und so muss man immer achtgeben. Das gleiche in Marokko. Dort ist es wahrlich keine tolle Sache, mit dem Rad unterwegs zu sein. Wie auch in Spanien gibt es nur „wenige“ Straßen, so dass man kaum ausweichen kann. Es gibt wenig Hotels und Versorgungsmöglichkeiten, das erschwert das Radfahren ungemein.
Aber: Ende gut alles gut. Wir haben unser Ziel in Bälde erreicht. Es ist uns nichts passiert und bis auf das Problem mit dem Bremshebel hatten wir keinerlei Schwierigkeiten mit unseren Fahrrädern. Wir haben nur einmal Luft nachpumpen müssen. Das ist wirklich sehr sehr angenehm.
So fahren wir also dem Ziel entgegen und freuen uns darauf.