Gedanken zum Reisen

Mir geht die Diskussion von Hans und Toni gestern nicht mehr aus dem Kopf. Es ging um die Radreise im Allgemeinen und was denn der Toni davon hätte, und was er dann in Marrakesch wollte? Es wäre doch viel zu kurz, nur ein paar Tage dort zu bleiben, da würde man doch nichts sehen!

Toni entgegnete Hans: „Im Gegenteil, wenn ich angekommen bin, bin ich sechs Kilogramm leichter und in der Zwischenzeit habe ich was erlebt!“ Ich bin ja eigentlich schon lange in Marokko, weil alles viel langsamer an einem vorbei und durch einen hindurch geht.“

Es ist doch tatsächlich so, der Tag auf dem Rad ist ausgefüllt. Man verspürt Hunger und Durst, trifft Menschen, sieht Sehenswürdigkeiten und Natur. Vieles ist auch nicht so toll, wie zum Beispiel der unheimliche Verkehr überall oder überhaupt die Zivilisation, die nicht immer schön anzusehen ist. Aber in jedem Fall hat man alles wahrgenommen.

Der Tag z. B. fahrend im Auto oder Reisemobil ist nicht ausgefüllt. Man hat keinen Hunger, weil man nur dumm rumsitzt, man ist gerädert, weil man doch aufpassen muss. Man hat Strecke hinter sich gebracht und nichts erlebt. Und abgenommen hat man auch nicht.

Dann sitzt man am Ziel, vielleicht zwischen anderen Campern, zumeist Deutsche und bekommt wieder nichts mit. (Ich reden nicht von Menschen, die es körperlich nicht machen können)

Also ich finde eine Radreise, egal wie lange sie dauert, eine super Sache. Und der Toni wohl auch…

Abschied vom Hans und von manch anderem…

…Heute wird uns der liebe Hans verlassen, er fährt auf zweimal nach Hause. Mit ihm fahren Dinge, wie meine grüne Schmusedecke, diverse zusätzliche Lieblingskleidung, die zu schwer zum mitnehmen ist, vertraute Bettwäsche, Handtücher und diverse andere Dinge, die mir sonst lieb und teuer sind.

Heute heißt es Abschied nehmen. Es ist ein Stück Heimat, die nach Hause fährt. Aber dafür gewinnen wir Raum, um Neues zu entdecken, in anderen Häusern zu schlafen, regionales Essen noch besser zu genießen.

Wir müssen uns einschränken und gewinnen doch. Ich bin gespannt auf die nächsten Wochen!

Die Nahrung in Frankreich

Zunächst zu den Packtaschen: ich fand es heute nicht unbedingt wahnsinnig schwerer, denn mein Fahrrad ist für die Packtaschen ausgelegt und entfaltet erst bei bepacktem Zustand sein Potential. Das klingt verrückt, aber das Velo läuft tatsächlich in irgendeiner Form besser als im leeren Zustand. So hat das Gepäckschleppen von Hans eigentlich nur bergauf ein bisschen was gebracht. Es ist nicht schlimm, und ich denke, wenn wir noch ein paar Tage damit radeln, dann sind wir es dann endgültig gewohnt.

Ich wollte mich nur einmal zu der Nahrung an sich in Frankreich äußern. Dass es hier gut schmeckt, habt ihr ja schon mehrfach vernommen. Jetzt habe ich tagsüber länger darüber nachgedacht und beobachtet. Wieso ist das so, dass es hier überall super schmeckt? Nun. Ich habe beobachtet, dass sich der Franzose noch selbst um seine Gastronomie zu kümmern scheint. Nicht Asiaten brutzeln wie z.B. in der Bratwürschtkuchl in Nürnberg die Würscht, sondern der Franzose bereitet das Essen mit Liebe zu. Die Felder sehen aus, wie wenn sie nicht so extrem gespritzt sind, hier und da Unkraut zwischen den Ähren, anders als bei uns. Heute habe ich ein Haferfeld, gemischt mit Lavendel gesehen. Wahrscheinlich, um die Kühe zu beglücken, mit Aroma im Futter? Oder den Gast mit einem duftenen Brötchen?

Ich finde es jedenfalls toll, dass man hier noch mehr Wert auf Küche, Essen, Nahrung legt. Bei uns gilt doch ein Wirt schon fast als Depp, wenn er sich hinter den Herd stellt und für seine Gäste etwas zubereitet, ein Landwirt wird abgestempelt zum Bauer. Keiner will mehr in dieser Branche arbeiten, dabei gibt es mehr Leute, die Essen gehen, weil sie selbst nicht mehr kochen können oder wollen. Nun ja, vielleicht ist es ja nur eine subjektive Empfindung hier in Frankreich. Lasst mich einfach in dem Glauben 🙂

Eine Reise von außen – eine Reise von innen

Nun, Toni hat Recht, mit dem was er sagt, hat aber vergessen, zu beschreiben, wie das mit dem Fortbewegen mit den Füßen ist. Mit dem Fahrrad ist es eher eine äußerliche Reise, man muss auf den Verkehr aufpassen, auf das Fahrrad aufpassen, auf den Weg konzentrieren, schauen, ob Schlaglöcher im Weg sind, man ist in der Wahl der Wege eingeschränkt, muss verkehrsreiche Straßen nutzen und so weiter. Aber es ist eine Alternative, wenn man doch Kilometer zurücklegen will.

Per Pedes ist es eine Reise nach innen. Man muss nicht großartig aufpassen oder für seine Sicherheit sorgen. Man benutzt Wege in der Natur, außerhalb von Straßen voller stinkender Autos, Lastwägen oder Motorrädern. Man hat den ganzen Tag Zeit, nachzudenken und wird so frei, weil die körperliche Betätigung (wie beim Radfahren auch) dem Körper die Aufgabe gibt, für die er da ist. Er kriegt sozusagen, das was er braucht. Man muss sich sicher sauber anstrengen, vielleicht noch mit Gepäck auf dem Rücken. Anders als beim Radfahren gibt es keine Erholungsphase, es ist und bleibt beschwerlich.

Und dann passiert das Unglaubliche: Man kann besser denken, die Gedanken kommen nach, alles ordnet sich. Und man kann alles so unglaublich genießen, weil man dann ein ganzer Mensch ist. Man hat Zeit für Gespräche, hat man hier nicht groß.

Diese spezielle Art von Erleben mit dem Auto sowieso: Unmöglich.

Wer es allerdings noch nie versucht hat, mindestens zwei Wochen am Stück zu laufen oder zu radeln, kann einfach nicht mitreden 😉

Festival in Aix-En-Provence

Heute haben wir in Aix-En-Provence übernachtet. Gestern taten wir uns schwer mit der Zimmersuche, alles schien voll zu sein.

Dann hatten wir doch das allerletzte Zimmer ergattert, sind noch zum Essen rausgegangen, war uns dann klar, wieso hier alles vor Menschen überquillt. Ein Festival mit Start 5. Juli ist der Grund dafür.

Die Menschen stapeln sich in den Cafés, Bars, Hotels. Ein buntes Treiben herrscht hier in dieser symphatischen Stadt. Es scheint, dass die Stadt auch auf Touristen eingestellt ist.

Hier war übrigens auch der impressionistische Maler Paul Cézanne geboren.

http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Cézanne

 

 

 

Der Toni

Den ganzen Tag hab ich überlegt, ob es die richtige Plattform ist, meinem lieben Mann Toni eine Liebeserklärung zu machen, denn es ist ja eine Radreise, und ich wollte kulturell berichten.

Aber ich tus einfach, weil ich den ganzen Tag schon darüber brüte und er ja ein wichtiger und unentbehrlicher Teil dieser Geschichte ist.

Toni liest die Karten und findet immer den Weg. Er fragt nach den Zimmern und wenn die Straße zu nervig ist, fährt er hinter mir und verteitigt mich gegen die Autos, die zu knapp vorbeibrausen. Er zeichnet das GPS auf und jeden Tag stellt er die Internetleitungen sicher – in jedem Land! Nebenbei coacht er die Arbeit.

Toni fährt viel ausdauernder als ich, ich hänge ständig hinterher, es scheint ihm die Belastung nichts anzuhaben. Er ist geduldig wie ein Pferd, wenn mir die Nerven durchgehen oder ich die Heulsusi bin.

Und: er sieht super aus auf seinem Velo!

Also für mich gibts nur diesen einen Mann, der mit mir durch die Welt und durch das Leben radelt: Der Toni!