Wo würdet ihr leben wollen…

… wenn das Geld, die Familie, etc. alles außen vor bliebe?

Was wäre Euer Traumdomizil? Je mehr Länder ich bereise, desto häufiger stelle ich mir diese Frage. Mein „aktueller“ potentieller Lieblingswohnort ist die Gegend von Meran (Südtirol). Dort mag ich die Berge, die Nähe zum Mittelmeer, die Freundlichkeit der Menschen, das ursprüngliche und leckere Essen, die Kombination von Österreich und Italien…

Welchen Ort würdet ihr wählen – und vielleicht sagt ihr auch warum?

Hier bist du Tourist, hier darfst du es sein

Nur weg, weg aus Barcelona – das war unser Gefühl von dieser, an sich sehr schönen, aber tosenden Stadt, mit tollen Sehenswürdigkeiten. Sie ist leider übervölkert von Touristen, wie wir es sind, ja, wir gehören zweifellos dazu. Barcelona ist zur Zeit zu angesagt auf der Welt, vielleicht sind die Flüge zu billig? Viele dubiose Menschen sind auch hier, Schnorrer, Verwahrloste und gar finster dreinblickende Gestalten runden das touristische „ichbinhipweilichinbarcelonashoppenbin“ ab. Mir ist nicht wohl um unser Hab und Gut, alles wird genau inspiziert, aber nicht gefragt.

Es führen Rolltreppen! zu den höhergelegenen Sehenswürdigkeiten, damit auch ALLE wirklich sich vom Auto aus, da hin rollen lassen können. Das Essen schmeckt nicht, wir bezahlen viel zu viel für den Mist, den wir uns bestellen. Ja, Himmi, muss ich denn erst Insider sein und tausendmal hierherkommen, um was Gescheites zum Essen zu bekommen, verdammt? Ich bin echt langsam sauer auf Spanien, Katalanien oder was auch immer. Null Authenzität, Freundlichkeit? Nein Danke! Wo sind die netten Spanier? Hier jedenfalls nicht! Nichts und niemand ist menschlich, freundlich oder herzlich.

Später, auf der Fähre dachten wir, hoffentlich ist Mallorca groß genug, um all die tausend Touristen, Autos und Lastwägen aufzunehmen, die da über Nacht mit uns mit hinüberschippern. Wegen des Seegangs hörte es sich unten im Frachtraum  an, als ob ein Lastwagen aus der Verankerung gerutscht war, und hin- und herfuhr. Die Horde Jugendlicher klampften in miesen Akkorden bis tief in die Nacht auf ihrer Gitarre. Wie nach einer Neutronenbombe lagen nach einiger Zeit viele leblose Körper um mich herum. Irgendwie konnte ich dann doch noch ein wenig Schlaf finden und eh ich es mich versah, legten wir bei ruhiger See in Palma an.

Ich nehme zuerst wahr, dass es hier eine gute Luft hat, mediterran und leicht feucht. Wir fahren, noch recht verschlafen, in die Innenstadt von Palma. Wir können nur ahnen, was sich hier Nacht für Nacht abspielt. Es riecht auf der Promenade weitläufig nach Urin, nach Alkohol und alles ist voller Bierdosen, Glassplittern und Nachtgeistern, die sich an Stadtpalmen entleeren oder in ihrem eigenen Mist liegen und einfach schlafen, da, wo sie umgefallen sind. Na Prost, denke ich, Gott sei Dank schlafen alle andren auch noch und wachen bitte bitte nicht auf, bis ich hier wieder abgedüst bin.

Die Hotels und Pensionen wirken aber nicht billig, wie z. B. in Loret de Mar, es wird mehr Wert auf Outfit gelegt. Die alte Innenstadt ist super, wie ich finde, menschenleer, angenehm – noch. Und bis auf den Kutscher, der mich beinahe einfach umgefahren hätte, weil sein Parkplatz dort war, wo ich den Dom fotografieren wollte, war alles in Ordnung.

Nach dem Frühstück in einer Bar fuhren wir kilometerweit am weitläufigen Strand mit tiefblauem Wasser entlang. Es wurde emsig aufgeräumt und die Reste der Vergangenheit weggewaschen, aufgerüstet für den nächsten heutigen Kampftag.

Auf dem schönen Radweg, durch den Ballermann am tiefblauen Wasser, vorbei an Hotels und Plastikluftmatratzenbergen fahrend, stelle ich mir vor, wie es hier Nachmittags und Abends wohl ist. Ich empfinde es hier im Momentokay. Vielleicht liegts am schlechten Schlaf, dass mir solche Gedanken in den Sinn kommen oder liegt es am professionell aufgemachten Tourismus, dass ich mir denke: Hier bist du Tourist, hier darfst Du es sein!

Tagesetappe: 14.07.2012

Tag Höhe ↑ (in m) Höhe ↓ (in m) Strecke (in km)
14.07.2012 430 240 255,07

Das andere Mallorca

Nach unserer gestrigen Ankunft in Palma war uns klar: wir müssen uns etwas überlegen, damit es so nicht weiter geht. Unsere Kulturradreise soll Spaß machen und wir sind ja nicht berufene Urlaubskritiker, die ständig am nörgeln sein wollen. Also holten wir gleich an der Bar Auskunft ein, wo es ruhigere, ursprünglichere Plätze geben könnte, wo wir Rast und Ruhe finden würden und ein bisschen original Mallorca atmen könnten, was immer man darunter verstehen mag.

Bei starkem Gegenwind und viel Staub zwischen den Zähnen kamen wir an – und, oh welch friedliche Oase – quartierten wir uns für zwei Tage fast mitten auf Mallorca in einem kleinen Hotel ein. Ein deutsches Ehepaar führt dieses entzückende Haus – das einem Winzer bis Mitte der Neunziger gehörte – mit einigen Zimmern bzw. Appartements, einem Pool, einem ehemaligen Weinkeller mit riesigen Weinfässern und einem ruhigen Orangengarten.

Abends waren wir in einem landestypischen Restaurant essen. Die Preise sind hier vollkommen okay, das Essen nun wirklich Geschmacksache. Ich finde das Mittag- bzw. Abendessen – bis jetzt – seit der spanischen Grenze allgemein zu fettig und zu lange gekocht, und mit zu wenig Abwechslung zubereitet. Die italienische oder türkische Küche hat für mich unendlich mehr zu bieten. Das ist aber meine ganz persönliche Meinung und beim Essen scheiden bekanntlich sich sämtliche Geister.

(Kleine wahre Geschichte: In Istanbul sagte einmal eine Schwedin zu mir, dass es in der Türkei nichts Gescheites zu essen gäbe, alles sei so ohne Geschmack, das Fleisch schmecke nach Fleisch, grässlich so ohne Soße und der Salat nur mit Zitrone und Olivenöl angemacht, igitt, und alles ohne Ketchup und Mayo!!)

Ob dies das original Mallorca ist, bezweifle ich stark. Es ist in jedem Falle – für uns persönlich –sehr sehr angenehm, erholsam und schöner als die Strände der Insel.

Mit dem Fahrrad ist es einem verwehrt, die letzte Ecke zu erkunden, wo es noch ursprünglich geblieben sein sollte, man kann nicht einfach von A nach B düsen und dieses oder jenes tolle Lokal ausprobieren, keine Bauernmärkte am anderen Ende besuchen, keinen einsamen Strand, 45 km entfernt. Man muss mit dem erlebten Ausschnitt an der definierten Strecke leben und sich fragen: wieso schaffen es die Spanier nicht, den Tourismus, herzliche Gastfreundschaft, und eine gewisse Ursprünglichkeit gleichermaßen anzubieten? Sind wir Deutschen die besseren Spanier?

Heute bin ich stolz auf uns

Daß wir es tatsächlich mit eigener Muskelkraft schon bis hierher geschafft haben. Hier sausen ständig startende oder landende Flieger über uns hinweg. Wir jedoch haben es mit dem Rad schon bis nach Mallarco geschafft. Gut 2000 km haben wir schon zurückgelegt. Wir haben etwas mehr als die Hälfte erreicht und in wenigen Tagen werden wir aufs Festland zurückkehren und weiter in Spanien unseren Weg aufnehmen. Schön ist es, so zu reisen. Viele Eindrücke können wir sammeln und wir hoffen, daß es Euch Freude bereitet unsere Kulturradreise zu verfolgen.

Verständnis

Wir durchfahren Mallorca in Richtung Norden. Das flache Land ist akribisch aufgeteilt, hier ist nichts dem Zufall überlassen, streng begrenzt, jeder hat seins. Land ist hier kostbar, klar. Gestern las ich mich in die Geschichte Mallorcas ein und habe nun ein wenig mehr Verständnis dafür, dass es auf der Insel so ist, wie es ist. Verschiedene Völkergruppen stritten sich seit jeher um diese Insel. Und jeder brachte was andres mit. Religion oder Früchte, Bäume etc. Mal gab´s Moscheen, mal wieder Kirchen, viele Kulturen und Interessen. Und bis heute ist dieses wirklich kleine Fleckchen Land heißumkämpft. Im Moment haben die Touristen die Oberhand, das steht außer Frage – 800 Maschinen täglich fliegen das Eiland an – ein Wahnsinn, wie ich persönlich finde. Mallorca wird doch völlig überbewertet. Es gibt wunderbare Landstriche auf Europas Festland, wieso zieht es gerade die Deutschen ausgerechnet hierher?

Nun, bis dato hatten wir ja nicht so viel gesehen. Als wir in die Berglandschaft eintauchen, wirds besser, natürlicher, ursprünglicher. Atemberaubende Aussichten präsentieren sich uns. Hier kommen – wen wunderts – dann doch nicht so viele Fremde an, wie an den Stränden. Die Natur hat eindeutig die Oberhand. Eine kleine saubere Straße windet sich den Berg hinan, ein paar Autos fahren langsam an uns vorbei. Die Insassen zeigen sich beeindruckt, wie wir bei der Affenhitze da überhaupt hochfahren können. (Wenn die wüßten, das 600 Höhenmeter bei 5% Steigung für uns mittlerweile eher schon ein Klacks sind…die Menschen sind nix gewohnt und stöhnen schon, wenn das Gaspedal schwerer zu drücken geht.)

Jetzt sind wir im Kloster angelangt und genießen das ehrwürdige Anwesen. Es ist wirklich schön hier. Heute Abend soll ein Knabenchor singen, wie jeden Abend übrigens. Das lassen wir uns nicht entgehen. Die Anstrengung hat sich gelohnt!

Tagesetappe: 16.07.2012

Tag Höhe ↑ (in m) Höhe ↓ (in m) Strecke (in km)
16.07.2012 668 387 41,76