Arles – Schrecken mit Ende

Wir fahren durch die Carmargue, es ist ruhig, wahnsinnig ruhig. Natur umgibt uns, es geht flach dahin, Möwen kreisen ab und an über uns. Links und rechts sehe ich weiße Pferde, auf denen manchmal Reiher sitzen, ganz beschaulich, gemütlich. Schilf wächst an den Wässerchen, viele Wildblumen gibt es und Tiere, wilde und gezähmte.

Es sind Schilder angebracht, die anzeigen, dass die Autofahrer auf die fahrradfahrenden Menschen aufpassen sollen. Nur: wir sind die Einzigen, die hier fahren, obwohl es offensichtlich für Radfahrer voll erschlossen ist.

Die, die hier radfahren sollen, werden wie das Vieh durch Arles getrieben, wie es in Venedig nicht schlimmer sein kann. Menschenmassen quälen sich durch das „Gallische Rom“ mit den Sehenswürdigkeiten aus römischer Zeit. Ich ersticke hier schier vor lauter Touristen, ein Wahnsinn, bei dem sich Van Gogh und Cezanne wahrscheinlich im Grabe umdrehen würden, wüssten sie, was hier in ihren eigentlich reizenden Städchen nun vor sich geht.

Ich kann dem nun so gar nichts abringen, es kommt keine Sightseeing-Stimmung auf, sie vergeht mir eher. Das hat nichts mehr mit Kultur zu tun, das ist reine Geldverdienerei und die Menschen machen es mit, ohne zu hinterfragen. Sie schauen auf die Geschichte anderer, während wir unsere eigene schreiben.

Mein Fazit des Tages: Da kann ich die Informationen über Arles locker aus Wikipedia auslesen, daheim auf der Couch bei einem Gläschen französischen Wein und muss nicht deswegen die weite Reise nach Frankreich auf mich nehmen.

Wie geht’s der Frau auf einer Radtour?

Immer wieder lese ich in den Kommentaren, dass die Männer so etwas ähnliches gerne tun würden, nur die Frauen würden nicht wollen. Darum werde ich von mir aus einmal erzählen, wie das für eine Frau so ist. Natürlich kann ich nur für mich sprechen, aber ich denke, dass es für andere weibliche Wesen ähnlich empfunden werden könnte.

Der Radtag hat seinen eigenen Rhythmus, der erst einmal gefunden werden muss. Am Anfang denkst du: „Das schaff ich NIE!“. Das schwere Rad mit Bepackung, die Berge hoch, die Autos. Doch, nach dem vielleicht achten Tag stellt sich so etwas wie Gewohnheit ein. Die Muskeln werden kräftiger, auch der Geist, der muss das ja wollen.

Ich habe mit meinem Mann ausgemacht, wenn mir die Tour zu anstrengend wird, wird ein Zimmer gesucht, egal, ob die Etappe erreicht wird, oder nicht. Manchmal ist es nicht so vorteilhaft, aber unbedingt notwendig, dass Mann Rücksicht auf die schwächere Konstitution der Frau nehmen muss. Wenn es mir zu schwer werden würde, würde er auch schwere Teile des Gepäcks abnehmen müssen und auch tun.

Morgens nach dem Frühstück ist es fein, da ist man frisch und die Luft ist noch kühl. So gegen Mittag kommt ein körperliches Loch. Das überwinde ich mit Mittagsrast. Sie kann eine Stunde oder länger in Anspruch nehmen. Richtig toll essen kann Frau, soviel sie will, wird ja alles wieder verheizt 🙂 Nachmittags wird es hart. da kommt der mentale Durchhänger, der ist schlimmer ist, als der körperliche. Da würde ich auch lieber schummeln, wie Edda im Kommentar schreibt und lamentiere vor mich hin, wie blöd ich doch bin, jetzt nicht am Strand zu liegen, sondern hier auf diesem Drahtesel zu schmoren.

Aber auch der Hänger geht vorbei. Kurz vor dem Ziel läuft es am Besten, vielleicht weil man bald am Ziel ist?

Das schönste am Tage ist das Durstlöschen mit Sprudelwasser und das Abwaschen des Tagesstaubs unter einer schönen Dusche. Das ist wie eine Trophäe jeden Tag. Ausruhen lang ausgestreckt auf dem Bett ist eine Belohnung sondersgleichen. Das Abendessen würde ich am liebsten im Stehen einnehmen, Sitzen ist nicht mehr so toll.

Den Schlaf empfinde ich als leicht, das täuscht denke ich, denn ich fühle mich in aller Regel am nächsten Morgen ausgeruht. Körperliche Probleme gibt es für mich eher, wenn ich zulange vor dem Computer sitze, Migräne, Kopf- Nackenschmerzen, Unruhe etc. sonst an der Tagesordnung sind hier ein Fremdwort. Weil alles durchblutet wird.

Lästige Pflichten der Frau sind das Herauswaschen der Kleidung, Waschmaschinen gibt es nicht so ganz oft und das Desinfizieren der Flaschen (einmal pro Woche). Man kommt vielleicht auch dem Redefluss nicht so nach, weil man am Rad alleine vor sich hinstrampelt, Mann voraus oder dahinter, je nachdem. Ist vielleicht auch garnicht so schlecht mal nichts sagen zu müssen/wollen.

Aber alles in allem ist es ein tolles Gefühl, so weit mit dem Rad zu fahren, man hat was geschafft, was getan und was erlebt. Da brauchts kein großen Strand oder kein Super Museum. Das Reisen mit dem Rad, das ist das eigentliche Highlight, weil der Körper mitleben darf.

Wenn die eine oder andere von Euch überlegt, so etwas doch zu tun: Einfach mal probieren und die Tagesetappen nicht so weit stecken. Da merkt man, man schafft 30 km, 40 km 50 km 60 km auch, ohne dass man gleich stirbt.

Der Körper macht das schon und darauf vertraue ich. Allerdings gehört das Durchbeißen und das Einhalten des Ziels auch ein bisschen dazu.

Probiers mal mit Gemütlichkeit…

Heute wars so gemütlich, da ist mir dieses Lied in den Sinn gekommen:

Probiers mal mit Gemütlichkeit…

…mit Ruhe und Gemütlichkeit
jagst du den Alltag und die Sorgen weg
Und wenn du stets gemütlich bist und etwas appetitlich isst
Dann nimm es dir egal von welchem Fleck

Was soll ich woanders, wo es mir nicht gefällt?
Ich gehe nicht fort hier, auch nicht für Geld!
Die Bienen summen in der Luft
erfüllen sie mit Honig Duft
und schaust du unter den Stein,
erblickst du Ameisen die hier gut gedeihen

Probiers mal mit Gemütlichkeit
mit Ruhe und Gemütlichkeit
vertreibst du deinen ganzen Sorgen Kram
und wenn du stets gemütllich bist
und etwas appetitlich isst
Dann nimm es dir egal woher es kam.

Na und pflückst du gern Beeren? Und pickst dich dabei?

Dann lass dich belehren, Schmerz geht bald vorbei
Du mußt bescheiden aber nicht gierig am Leben sein,
sonst tust du dir weh! Du bist verletzt und zahlst nur drauf..

Darum pflücke gleich, mit dem richtigen Dreh! Denn mit Gemütlichkeit kommt auch das Glück zu dir! Es kommt zu Dir, es kommt zu Dir…. Das ist ein Leben!

Oh Mann, es lebe das Leben!

(Auszug aus einem Lied aus Dschungelbuch)

Heute ist es soweit

Wir haben ein Plätzchen zum Ausruhen gefunden. Die Wäsche wird gelüftet, die Beine vom Körper weggestreckt, wunde H.s gepflegt, die Augen ausgeruht, die Seele baumeln gelassen, auf Vorrat gegessen und getrunken. Kurzum, hier ist es schön, hier bleiben wir! Wenn auch nur für einen Tag.

Weiter geht es Richtung Spanien

Wir sind heute einigermaßen ausgeruht für die nächsten Etappen. Die Grenze liegt ca. 90 km vor uns, mal sehen, ob wir es bis dorthin heute schaffen können. Manchmal möchte man einfach bleiben, weiter faulenzen und noch ne Runde im Meer drehen. Aber dann würden wir vielleicht noch viele andere schöne Dinge verpassen.

Zum Glück sind uns nicht die Hände und vor allem die Füße und auch nicht der Geist gebunden, wie dem armen Kerl hier.

Ein heißer Ritt nach Spanien

Eigentlich wollte ich morgen früh noch ein letztes Croissant essen, das schmeckte so fantastisch in Frankreich, unter unzähligen anderen leckersten Dingen.

Ich möchte gerne Resümee ziehen über Frankreich. Es ist ein tolles Land, allem voran das Essen. Es ist extra sauber. So einen Straßenrand habe ich noch nirgends gesehen. Selbst in Deutschland ist es schmutziger. Die Franzosen sind sehr freundlich. Ich muss meine Vorurteile komplett revidieren.

Auch die Autofahrer sind im Umgang mit den Radfahrer PERFEKT! Kein Hupen, kein Rauskreischen aus dem Fenster, kein zu schnell und zu knapp. Sie fahren hinter einem her und wenns 5 km sein sollten, in denen sie nicht überholen können.

Wenn man eines als ein bisschen schade empfinden will, dann ist es die Emotionslosigkeit gegenüber Ausländern. Zuerst dachte ich mir, das liegt vielleicht an der alten Feindschaft zu Deutschland. Aber untereinander sind sie auch nicht viel wärmer. Nicht dass ich mich jetzt beschwere, aber wenn ich in ein fremdes Land fahre, dann genieße ich, wenn mich der Einheimische als „anders“ wahrnimmt, begrüßt, bestaunt, oder zumindest neugierig fragt, wo ich herkomme.

Der Franzos nimmst gelassen, als ob jeden Tag ungefähr 1 Mio Deutsche mit dem Fahrrad durchfahren. Da erinnere ich mich zu gern an den Kroaten von vor zwei Jahren, mit Tränen in den Augen, dass mal nach dem Krieg wieder Deutsche in sein Lokal kommen. Reich beschenkt mit einer Flasche! eigens gebrauten Kräuterlikörs zogen wir damals von dannen…

Nun, seis wie es sei: auch wenn ich Kinder hätte, ich würde BEDENKENLOS in Frankreich Urlaub machen. Ein bisschen Französisch ist hilfreich, besonders an der Küste. Mit dem Fahrrad: jederzeit wieder! Mit dem Auto natürlich auch kein Problem.

Kurz noch zur Überschrift: Wir hatten fantastischen Rückenwind bis an die Grenze. Dort wollten wir in der Grenzstadt übernachten. Da hats uns schier rückwärts den Berg obi ghaun! Ja pfui deifi, wie der Bayer da sagt! Sind denn die Franzosen närrisch geworden? Fahren über die Grenze und kaufen ganz Spanien leer! So was hab ich noch nie gesehen! Überall sitzen käufliche Damen herum und biedern sich an. Kaum vorstellbar in einem Zimmer zu schlafen, wo die ihr Gewerbe verüben, nein danke ekelerregend! Der Franzose im eigenen Land ein Pedant und dann schmuddelt er sich über die Grenze?

Mit so viel Ekel im Nacken und dem Rückenwind lässt es sich ganz schnell in den nächsten – halbwegs vernünftigen – Ort Namens Figueres fahren, wo wir jetzt sind und jetzt verstehe ich auch, wieso der Franzose hier einkauft! Das Zimmer ist halb so teuer als in France…