Dieser Beitrag gilt meinem Helden! Er managt die Strecke, fährt hinter mir, hält die Lastwägen und die Autos von mir fern und macht viele Fotos und Videos. Abends kopft er die Strecke aus und bis jetzt hat es immer super gepasst. Wir haben uns noch kein einziges Mal so richtig dick verfahren.
Super Toni, ich danke Dir und ich liebe Dich!

Archiv des Autors: simone
Tirana, die Hauptstadt
Gestern abend haben wir uns noch die Innenstadt von Tirana angesehen. Zugegeben, die Vorstadt ist hässlich, doch der Kern der Stadt ist wirklich sehenswert. Der Kommunismus hat seine Spuren hinterlassen, wie man an den Bauwerken deutlich sehen kann. Aber auch bei den Menschen ist das nicht spurlos vorbeigegangen. Sie sind hilflos, was Lösungen von Problemen betrifft. Wenn man sie nach etwas fragt, gibt es eben nur einen Weg und keinen anderen.
Es ist wirklich erstaunlich, was hier passiert ist, in nur 10-15 Jahren! Wenn man bedenkt, wie arm die Leute dran waren und gleich nach Italien flüchten mussten, aus lauter Hungersnot. Jetzt mutet es hier wirklich europäisch an, riesen Autos fahren umher, man kriegt alles zu kaufen, feine Läden entstehen, der Beton wird beseitigt und den Esel vor dem Karren gibt es nur ganz selten und auf dem Land zu sehen.
Im Gegensatz zu Skadar, der Stadt nahe der Grenze zu Montenegro, ist Tirana viel sauberer und schöner. Die Leute wühlen hier nicht im Müll oder zünden die Mülltonnen an.
Was mir persönlich noch aufgefallen ist: Die Religionsfreiheit ist toll! Neben dem Muezzin, der von der Moschee singt, bimmelt die christliche Glocke vom Kirchturm daneben. So etwas findet man in der Türkei zum Beispiel nicht.
Wir sind jedenfalls positiv überrascht von Albanien und dessen Bewohnern.



Hitze und heiße Leute
Völlig geschafft bin ich heute – die Hitze war unheimlich. Heute ist sowieso alles unheimlich für mich gewesen. Ich habe mich geängstigt, vor dem Verkehr, vor den Leuten, vor was weiß ich was. Das hat mich gleich selber aufgeregt. Aber so wars. Jetzt haben wir Zeit, ein wenig zu ruhen, aber wirklich kühler ist es nicht. Klimaanlage gibts auch nicht und wir wohnen in einem Rohbau. Das Zimmer aber ist ausgebaut und sauber.
Dafür hatten wir heute heiße Begegnungen mit Albanern. Da war der Mann vom Imbissstand an der Straße. Nachdem er uns Salat und Toast serviert hatte, hat er uns Wasser unter den Tisch gegossen, damits kühler wird. Vom „Montagna“ sagte er. Dann musste ich 50! klitzekleine Fotos auf seinem Handy begutachten – Familie ist hier das Wichtigste. Bilder von seiner Frau, seinen vier Kindern und vom Haus bekam ich zu sehen. Alle 50 musste ich anschauen, mit Nicken und „super“ bekräftigte ich jedes Bild. Darüber hinaus vergaß er seinen Imbissstand, wo ca. 10 Jungs anstanden, und ungeduldig warten mussten – es war ihm egal.
Die zweite heiße Begegnung hatten wir gerade am Bahnhof von hier. Wir sahen zu, wie einige Männer Wagons an den Gleisen rangierten. Eine urururualte Lok aus der Tschechei – unglaublich dass das Ding noch fährt. Die Männer, so an die 50, coachten das Manöver. Direkt vor uns parkten sie dann die Lok und einer sprach ein paar Brocken englisch. Er meinte: „Germany in Europe Number 1“. Greece rotto, Montenegro, Italia, Makedonia, rotto!!
Und er erzählte noch, wieviele Kinder er hatte. Dann verabschiedeten sich alle vier mit der dampfenden Lok und einem nimmer enden wollenden „Mirjepafshim, Mirjepafshim“ und sie winkten und tuteten aus ihrer Lok noch von Weitem.
Leider hatten wir den Fotoapparat nicht dabei. Aber es hat mich sehr berührt, und darum erwähne ich es.


Tag der aufregenden Ruhe
Heute haben wir uns entschlossen, einen Ruhetag einzulegen, aber weiterkommen wollten wir auch. So wählten wir den nostalgischen Zug von Librashd nach Pogradec. Wahrscheinlich haben uns die Männer von gestern dazu inspiriert.Die Zugfahrt – allein schon ein Abenteuer! Die tschechische Lok an der abgehalfterte DB-Wagons hingen, machen einen wirklich skurrilen Eindruck. Pünktlich um 10.37 puffte die Diesellok im Bahnhof ein.
Für die Räder Fahrkarten kaufen war nicht einfach – die Dame redete auf albanisch auf mich ein, ich war völlig überfordert. Schließlich rückte sie doch damit raus, sie waren so billig, das darf man hier gar nicht sagen.
Aus dem Zug sprang eine beherzte Dame, die Knabbereienverkäuferin, und half uns, alles Gepäck und die Räder in den Zug hinein zu schleppen. Die DB würde so etwas nie erlaube, ein Stapel vor der Wagontüre, die Räder vor dem Ausgang.
Kurz und gut, nach der schweißtreibenden Angelegenheit nahmen wir unter dem Gezeter der „Generalin“ – wie wir sie nannten, Platz. Sie war wohl die Zugführerin. Sie hat bei mir dreimal die Fahrkarten kontrolliert und mir noch 200 Lek abgeknöpft – für die Räder, wie sie zu verstehen gab.
Ein Polizist fand sich im Abteil, und eine weitere Dienstdame, die ständig ihre Dienstbluse auszog und im Unterhemd dasaß. Die kochte türkischen Mocca im Abteil, mit dem Gaskocher…
Die abenteuerliche Fahrt über wacklige, schwindelerregend hohe Brücken und dunklen Tunnels (es gab kein Licht – weder im Tunnel, noch in den Abteilen) endete in Pogradec, in dem Örtchen am Fuße des Ohridsees.
Ein kleines Paradies – die Albaner wissen es nur noch nicht. Sie schmeißen ihren Müll weiterhin in die Landschaft, in den See. Das macht den See algig, bei den Temperaturen sowieso. Das tut dieser atemberaubenden Landschaft aber nur bedingt Abbruch.
Das beste Hotel am Ort bezogen wir – direkt am See – für 3000 Lek. Das sind sage und schreibe 22 Euro. Das Tretboot fahren mit den hoteleigenen Booten ist umsonst (noch :-). Ansonsten wirkt das Ufer mit dem Park gepflegt. Es entstehen im Hintergrund Hochhäuser, modern und sauber.
Eine kleine Oase – ideal für einen geruhsamen Pausentag, den wir dringend nötig haben, nach der Hitze. Die Prognose für Thessaloniki und die nächsten Tage sagt aber weiter Temperaturen über 38°C voraus. Auweia.
Ein wenig tut es mir leid, dass es morgen mit Albanien vorbei sein soll. Es ist wirklich schön gewesen, aber so ist das Leben, alles in endlich. Auch unsere Reise durch Albanien.
Aber schauen wir nach vorne, was der Norden von Griechenland dem Radfahrer zu bieten hat.



Spruch des Tages: 15.8.
Der Ohridsee in Albanien ist ein Stück Paradies.
Vom Außen und Innen
Heute vergleiche ich unsere Radtour mal wieder mit dem Pilgern auf dem Franziskusweg und soeben habe ich einen ganz wichtigen Unterschied festgestellt: Beim Pilgern kommen mir die meisten Eindrücke von Innen. Die Landschaft ändert sich nur wenig beim Gehen, die Anstrengung hält sich im Rahmen und so kann ich den Gedanken freien Lauf lassen und es ist faszinierend, was das alles zum Vorschein kommt.
Beim Radfahren sind die Eindrücke von außen so übermächtig, daß ich kaum mit dem Verarbeiten der vielen Reize hinterherkomme. Ständig muss ich auf die Straße, auf das Rad, auf die anderen Fahrzeuge und dann ebenso auf die Umgebung aufpassen, daß mein Kopf gar nicht zur Ruhe kommen kann.
In den ersten 10 Tagen habe keine Nacht ruhig geschlafen, weil so viele Impressionen eines Tages abzuarbeiten waren.
Und hier in Albanien winken und hupen die Menschen ständig, so daß es noch viel mehr Reize gibt, die aufgenommen werden sollen.
So bin ich meist abends erledigt – natürlich vom Strampeln und der Hitze, aber ebenso von den vielen Dingen, die ich gesehen habe und dann noch einordnen muß.
Leider komme ich kaum dazu, neue Gedankengänge aufzunehmen.
