Heute Morgen bin ich um 4.30 Uhr wachgeworden. Beschäftigt mich doch nicht erst seit der Radreise das Thema: Was ist natürlich, ursprünglich, was mich umgibt? Da ich ja gestern schon im Ansatz darüber geschrieben habe, und der Kommentar von Max Altemüller bei Tonis Beitrag „Warum ich diese Radtour mache“, nicht mehr schlafen ließ, möchte ich doch ein letztes Mal meine Gedanken äußern.
Ich mache mir seit einiger Zeit immer mehr bewusst, das ALLES, was ich den ganzen Tag so anfasse (Computer, Messer, Küchengeräte, Gartengeräte, Autolenkräder, Fahrräder, Duschköpfe, Wannen, Handtücher, Stühle, ja selbst Haustiere usw. usw. von Menschen für den Menschen geschaffen ist. Das Bett und die Laken, in denen ich schlafe, die Kleidung, die ich trage, das Haus, den Ring, die Haarspange, ja, es gibt nichts, was die Natur selbst erschuf, sondern ein Mensch für mich.
Mein Essen, das kultiviert in allen Herren Ländern angebaut, bearbeitet und zubereitet wird. Fische in Teichen gezüchtet, Fleisch in Ställen, Eier in Fabriken, Äpfel hier soweit das Auge reicht, vergewaltigte Bäume an Fäden hinaufgezogen. Oliven in Spanien (wir berichteten) soweit das Auge reicht, nur geordnete Felder.
Selbst der Weg, auf dem ich gehe oder in unserem Fall fahre, ist von Menschen bereitet und sei er noch so abgelegen, irgendwo im Apennin. Es ist wahnsinnig interessant, das dies so ist. Ihr müsst das selbst an Euch in Eurem Leben einmal beobachten, es gibt nichts, was euch umgibt, das nicht vom Menschen erschaffen wurde.
Doch, werdet ihr vielleicht sagen, die Natur, aber was ich denn dort noch natürlich? Die Bäume an den Hängen haben unsere Vorfahren gepflanzt, also nicht ursprünglich. Die Apfelbäume, auf denen unsere Nahrung wächst, sind so unnatürlich, (wusstet ihr, dass z.B. Apfelfrüchte auf Birnenwurzeln wachsen, weil die mehr Nährstoffe transportieren?). Es gibt keine „normalen“ Nutzbäume mehr. Kühe auf der Weide? Ziegen, Schafe? Naja, vielleicht die Kröten im Garten, die da nicht wären, wenn mein künstlicher Teich da nicht wäre.
Das mit den Flüssen hatten wir ja heute morgen schon – selten dass sie in natürlichen Bahnen laufen. Oder man denkt, man ist an einem See, aber wie viele Naturseen gibt es wirklich? Der Mensch beeinflusst alles – in erster Linie und das unterstelle ich ihm, FÜR den Menschen, für mich, für Euch. Damit es uns gut geht, wir komfortabel leben, essen, wohnen können.
Nicht dass ich das alles kritisiere, ich selbst bin ein Warmduscher, dem es fern liegt, z.B. bei Temperaturen unter 10 Grad zelten zu wollen oder ich möchte auch nicht mit wilden Bären kämpfen, keine Heizung im Winter haben, mich mit Fellen bekleiden oder ohne dem Wissen unserer Ärzte ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Verstehe ich aber jetzt meinen Freund Oliver besser, der leuchtende Augen bekommt, wenn er von Klettertouren im Niemandsland erzählt oder den Seppl Haueis, der den Silber (Berg) gerne bezwingt. Das ist vielleicht nah dran an der Ursprünglichkeit, da oben auf dem Fels kann kein Mensch was anpflanzen oder bearbeiten. Oder das große weite Meer, das ist noch etwas, was der Mensch nicht erobert hat. Hohe Gipfel und Meer, das ist noch ursprünglich.
Hat der Mensch noch eine Chance, in dieser „künstlichen“ Welt „gesund“ zu bleiben? Habt ihr dazu auch Gedanken?