… dass Emanuela von uns kein Geld nehmen würde. Ich konnte nichts tun, um sie zu überreden, etwas anzunehmen. „Gute Freunde übernachten immer umsonst bei mir!“…Da kam mir eine Idee. Ich erzählte ihr von Ralf, dass er MS hätte und wir ihm das Rad kaufen möchten. Und ich würde das Geld, dass sie für B & B nehmen würde (50-80 Euro, je nach Kategorie und Frühstück), auf dieses Konto einzahlen. Da war sie total betroffen und gerührt und drückte mir auch noch zwanzig Euro zusätzlich in die Hand, die solle ich zusätzlich einzahlen. Gut also, wir spenden Emanuelas Zimmerkosten für das exklusivste Zimmer bei ihr plus die zwanzig Euro, also 100 Euro sofort auf das Spendenkonto. DANKE Emanuela, wir lieben Dich!
Archiv des Autors: simone
Heute gings nicht gut
Ich hatte einfach keinen Bock zum Radeln. Nicht, dass ich körperlich geschwächt bin, nein, es geht mir sehr gut nach dem Ruhetag in Assisi und dem kurzen Weg gestern nach Montefalco. Aber heute fehlte mir die Freude am Radeln, trotz gigantischer Aussichten auf die umbrischen Berge, trotz der leckeren Mittagspasta.
Mein Hintern wollte nicht in diesem elenden Sattel sitzen und meine Beine nicht den Berg hochkurbeln und meine Hände nicht bergab bremsen. Ich sah mich heute ewig so fahren, ohne Ende, ohne Sinn oder Hoffnung auf ein baldiges Ziel. Das war total doof. Vielleicht dauert die Radreise schon zulange, aber vielleicht ist es einfach immer wieder die gleiche Bewegung – radeln radeln radeln…
Zumal Emanuela etwas von Heimat hat und ich merke, dass ich langfristig doch sesshaft sein muss. Ich vermisse heute irgendwie mein Zuhause, Kontinuität, Komfort, Gleichförmigkeit meiner Umgebung, vielleicht sogar mal ein Auto, in dem ich mich bequem niederlasse, das Gaspedal drücke und den Berg hochsause, ohne körperliche Bewegung.
Ich hoffe auf Besserung, vielleicht muss ich jetzt einfach mal ans Meer, Weite sehen, ins Wasser hupfen. Ja, das könnte mich motivieren, morgen wieder auf das Velo zu steigen…
Museo delle Mummie
Höhenmeter heißt Hunger
Der Tod ereilt uns alle
„Heute ich, morgen Du, Du wirst sein, was ich bin, ich war, was Du bist. Denke, Sterblicher, dass dies Dein Ende ist und denke, dies wird bald sein.“
Dies steht auf einer Tafel, innerhalb des Mumienmuseums in Ferentillo. Mich berührt, dass es zu den meisten Körpern eine Beschreibung, ja gar eine kurze Vita gibt. Da ist das chinesische Paar auf Hochzeitsreise nach Venedig, und beide fanden in Ferentillo den Tod durch Pest oder Cholera. Die Braut sieht aus, als sei sie sehr traurig, dass sie schon sterben muss. Es ist ihr dieser Gesichtsausdruck geblieben, sie hat noch Zähne und Augen, die Haut, alles noch da. Aber ihren langen Haarzopf, den hat irgendjemand gestohlen…
Auch finde ich äußerst interessant, dass der Mörder seines Opfers selbst ein paar Meter weiter in einer Vitrine ausgestellt ist. Ebenfalls tot, natürlich.
Ja, ob gut oder böse, gescheit oder dumm, krank oder gesund, sportlich oder nicht, da müssen wir alle hindurch, so sehen wir alle mal aus. Nichts als Staub bleibt von unseren Körpern. Vielleicht hinterlassen wir noch Spuren für andere. Ich formuliere für mich, es wäre schön, wenn ich selbst „gute“ Spuren hinterlassen würde, das wird aber wahrscheinlich erst nach meinem Tod entschieden, ob sie gut waren und ausgereicht haben, zu bestehen.
Die Mumien fanden hier ihre letzte Ruhe und dienen mit ihren ganz normalen menschlichen Geschichten dazu, dass man sein eigenes, doch furchtbar kurzes Leben nicht mit irgendwelchem Kram sinnlos vergeuden soll, sondern es genießen, so viel und so gut es eben die Verhältnisse zulassen. Und sein eigenes Leben leben, so wie es einem selbst gefällt. Und zuletzt dankbar und demütig zu sein. So bin ich doch ganz froh gewesen, heute wieder den Berg hochradeln zu dürfen!
Poggio Bustone = Villa Tizzi
Als wir um 16 Uhr an der Villa Tizzi in Poggio Bustone standen, um dort zu übernachten, brach eine Welt für uns zusammen. Keiner da! Unser geliebter Valentino, seine reizende Frau Marisa mit Tochter Deri – NICHT DA! Wir wollten sie überraschen mit unserem Besuch, unserem Stempel und überhaupt. Nicht da…Tja, so ist das mit Überraschungen.
Da kam mir die Idee, den Stempel in eine Tüte zu stecken, mit einer Nachricht, dass wir da gewesen wären und in den Briefkasten damit. Toni meinte noch: „Lass ein wenig von der Tüte herausragen!“ Wir konnten es einfach nicht glauben. Nicht da…
Just als wir uns im Hotel in Rieti auf das Bett niedergelassen hatten, läutete das Hoteltelefon. Deri! Sie wusste genau, wo sie anrufen musste, cleveres Mädchen! Sie meinte, wo wir denn heute Abend essen wollten, ich entgegnete, nirgendwo bestimmtes und wir würden sie gerne zum Essen einladen. Nix da, abholen würde sie uns und die Mamma würde Amatriciana kochen! Widerspruch zwecklos. So trug es sich zu, dass wir einen der schönsten Abende unserer Reise in der Villa Tizzi verlebten. Zusammen mit Valentino, Marisa, Deri und Davido, der Sohn, der in New York lebt und auf Urlaub zu Besuch ist. So konnten wir uns das erste Mal auch einwandfrei austauschen!
Danke Villa Tizzi! Grazie Tanti!
Rieti von der schönsten Seite
Hinauf gehts zum Kloster Greccio
Höhenmeter nagen am Gemüt
Langsam geht mir der Apennin auf die Nerven. Heute schon wieder über 1000 Höhenmeter geradelt. Es geht einfach nur immer rauf rauf rauf. Ich bin schon ganz deppert davon! Ich sehne mich zurück auf die Via Claudia, die Anfänge, einfach nur Geradeaus radeln. Naja, übermorgen sind wir in Rom, da ist es erstmal flach. Rom selbst wird zum Radfahren kaum Vergnügen bieten, schätze ich. Aber einfach das Rad ins Hotel und ab Sightseeing – Zu Fuß, versteht sich, nix da Velo! Kann ich auch bald nicht mehr sehen, das Ding, wo ich mir immer die Beine voller Schmiere mache, die Griffe, die verschwitzt sind, die Taschen und alles.
Wie gehts weiter? Unser Freund Uwe hat mir vor unserer Reise nicht viel Hoffnung gemacht. Sardinien sei bergig. Mal sehen, schlimmer als hier kann es auch nicht werden. Ich bin und bleibe einfach ein Flachlandindianer, ein Meeresliebhaber, da gehts doch auch nicht rauf und runter! Was mögt ihr lieber – Berge oder flaches Land? Oder lieber das Meer?
Franziskusweg, letzter Tag
So haben wir heute unsere letzte Übernachtungsstation des Franziskuswegs, das Kloster Farfa, erreicht. Es regnet in Strömen, es ist kalt, viel zu kalt für diese Jahreszeit, wie im Herbst in Italien.
Ich möchte heute mein Fazit über diese besondere Wegesetappe unserer Reise nach Palermo abgeben.
Wie auch zu Fuß, erlebt man mit dem Fahrrad auf dem Weg die unglaubliche Natur hier. Man kann sie genießen, weil es warm ist (Ausnahme die letzten beiden Tage), auf den Bergen, in den Wäldern, in den Naturparks, im Tal, ohne Autostress.
Fahrradwege gibt es kaum, dafür ganze Straßenzüge, die Autos nicht mehr benutzen oder extrem ruhig sind. Wir hatten kaum 30 Kilometer auf der gesamten Strecke mit vielen Autos oder Lastwagen zu tun.
Die Menschen sind nett, sehr nett sogar, fromm und brav. Man kommt zur Ruhe, kann geistig Kraft tanken durch die gute Versorgung mit Essen, mit Landschaft, mit Wärme, mit Begegnungen, die herzlich und ursprünglich sind. Auch mit dem Besuch der Klöster und die Häufung von Personen, die ihr Leben Gott geweiht haben, macht den Weg zu einem besonderen Weg, auch mit dem Fahrrad und auch, wenn man nicht religiös ist.
Durch die schon eher hohe körperliche Belastung (Höhenmeter 🙂 wird man ebenfalls ganz ruhig, man braucht nichts mehr als eine warme Dusche, ein sauberes Bett, eine schöne Mahlzeit, a Glaserl Wein. So ist das hier auf dem Franziskusweg in Italien, und wie ich persönlich meine, ist das der schönste Weg, den man in seinem Leben nur beschreiten oder mit dem Fahrrad befahren kann.