Fazit Deutschlandtour 2019

Zuerst die Regel und dann der Mensch

Das ist die große Überschrift unserer Erfahrungen aus unserer Tour durch unser Heimatland Deutschland. Dabei haben wir uns erschrocken wiedererkannt, selbst deutsch zu sein und auch die Mentalität hie und da an den Tag zu legen, an der wir uns so oft gestoßen haben. Aber von vorne.

In Deutschland gibt für alles eine Regel, und wenn es keine Regel gibt, dann gilt die Regel, dass es vielleicht doch eine Regel geben könnte. Die Regeln werden eingehalten, und auch von Passanten, Autofahrern, Normalbürgern, Urlaubern oder Fahrradfahren, ja sogar Ausländern, die hier leben – strikt vertreten, umgesetzt und durchgesetzt. Ein Beispiel: eine Fußgängerzone hatte eine zeitliche Begrenzung für Radfahrer von 19:00 Uhr abends bis 10:00 Uhr morgens. Fährt man nun um 10:03 Uhr mit dem Fahrrad in die Fußgängerzone, kann man davon ausgehen, dass man von mindestens fünf Menschen geschimpft wird. Ein weiteres Beispiel: das Frühstück beginnt um 8:00 Uhr: die Tür ist zugesperrt bis um 8:00 Uhr. Erst dann ist der Einlass, man steht draußen und wird nicht vorher eingelassen. Und noch ein Beispiel: man steht triefend nass und durchgefroren an einer Rezeption und vor einem checkt ein ein Mann ein, der offensichtlich mit dem Auto entspannt angereist ist. Er lässt sich in aller Ruhe und in epischer Breite erklären, wie es in der Stadt zugeht. Und dann stellt er noch fest, dass sein Parkplatz für seinen riesigen SUV zu klein ist. Also muss umgeparkt werden. Weder die Dame am Empfang noch der Herr mit dem SUV sehen unsere Notdurft nicht, dulden auch keine Fragen nach der Fahrradgarage oder dergleichen. Zuerst kommt die Regel: wer zuerst kommt wird zuerst bedient. Das waren nur drei kleine Beispiele. Weitere waren ja im Blog zu lesen (z.B. keine Möglichkeit, das Fahrrad bewachen zu lassen, weg zu sperren, etc.)

Natürlich sind Regeln auch gut, man kann sich ganz genau daran halten und auch als Radfahrer hat das enorme Vorteile. Man weiß z.B. immer, wie die Zimmer für den Betrag x ausgestattet sind. Es gibt für den Preis deutschlandweit das Gleiche. Genormt, geregelt, alles berechenbar. Man weiß, wann das Frühstück beginnt und findet genaue Markierungen vor, wo man sich als Radler aufzuhalten hat. Das ist durchaus positiv. Damit beenden wir auch schon die Regel-Behauptung.

Fazit Radwege:

Wer noch nie außerhalb von Deutschland Fahrrad gefahren ist, der jammert wirklich auf hohem Niveau. Deutschland hat ein gutes bis sehr gutes Radwegenetz. Wir schätzen, vielleicht 1-2 % der gesamten Tour (mit Ausnahme von Ortschaften und Städtchen) auf Straßen oder gar Bundesstraßen gefahren zu sein. Das sind wir uns Deutschen schuldig, wenn wir etwas machen, dann gescheit! Hier und da gibt es schon noch Verbesserungen, sicher, aber man kann sich nicht wirklich beklagen. Wir konnten komplett entspannt radeln. Übrigens sind wir auf unserer gesamten Tour nicht ein einziges Mal angehupt worden! (Regel: du darfst nicht hupen!)

Die prominenten Radwege haben uns in folgender Reihenfolge am allerbesten gefallen:

Mainradweg, Fuldaradweg, Weserradweg, Elberadweg, Donauradweg. Der schönste kleinere Radweg war der Taubertalradweg, der Muldenradweg im Erzgebirge und natürlich der Schambachtalradweg.

Fazit Essen:

Wusstet Ihr, was die Deutschen anscheinend überall essen? Ja genau: Fleischsalat! An jedem Ort dieses Landes, bis auf eine Ausnahme, gab es zum Frühstück Fleischsalat! Eine lustige Begebenheit…Wir waren mit dem Essen stets zufrieden, oft sehr glücklich, manchmal euphorisch. Schlechte Kost bekommt man selbst in Touristenhochburgen wie Rothenburg ob der Tauber nicht.

Ansonsten sind die Zimmer im Verhältnis zu anderen Ländern teuer und das Essen eher günstig. Das macht das Reisen mit dem Fahrrad durch Deutschland schon kostspieliger, als z.B. durch Italien oder Kroatien zu fahren.

Fazit Menschen:

Das kam ja schon in der Anfangssequenz ein bisschen raus. Durch die Regelei und den Perfektionismus, den wir Deutschen dabei an den Tag legen, bleibt wenig Spielraum für einen Scherz oder einen Plausch. Alles wird schwer genommen, geprüft oder humorlos kommentiert. Natürlich gibt es auch immer wieder nette Begegnungen und hilfsbereite Menschen. Vergleicht man es aber mit den Südländern, wird man schon nachdenklich. Ein mehr an Herzlichkeit und Menschenliebe statt Regeln, nicht so engstirnig sein, das täte uns allen gut (uns eingeschlossen).

Am meisten wohlgefühlt haben wir uns der Reihenfolge nach in Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern.

Fazit Kultur:

Deutschland ist nach Italien sehr kulturreich, da kann man nicht meckern! Wir haben viel über die jüngere und ältere Geschichte gelernt, Kunstwerke und Handwerke bestaunt und Architektur studiert. Es reichen fünf Wochen natürlich nicht aus, um alles anzusehen, das ist uns völlig klar. Aber einen Hauch über die Fülle der unglaublichen Schätze unseres Landes, den haben wir auf alle Fälle inhaliert.

Fazit Falkenjagd:

Hier gibt es nichts zu beanstanden, alles prima, keinen Plattfuß, keine Mängel, unsere Räder sind wie neu! Wir würden uns jederzeit wieder für diese Räder entscheiden. Sie haben uns gut durch Deutschland gebracht, und nicht nur das. Es hat einen tierischen Spaß gemacht, sie zu fahren.

Jetzt bleibt uns nur zu sagen, dass wir froh sind, wieder gesund nach Hause zu kommen. Denn das ist niemals selbstverständlich, auch nicht in Deutschland. Ride on!

Abschlussfoto Deutschlandtour 2019

Hiermit endet unsere Berichterstattung und wir freuen uns auf unseren verdienten Feierabend. Habt nochmal Dank für eure Unterstützung. Wir hoffen es hat euch gefallen und bleibt allzeit gesund! Viele Fahrradgrüße wünschen Simone und Anton Ochsenkühn

Tagesetappe: 28.07.2019

Tag Höhe ↑ (in m) Höhe ↓ (in m) Strecke (in km)
28.07.2019 818 784 82,45