Was haben wir den Griechen bloß angetan?

Der Sturm reißt an meiner Kleidung und ich habe Mühe, das Fahrrad gerade auf der Straße zu halten. Während ich gegen diesen unglaublich starken Gegenwind kämpfe, denke ich über die Griechen und unser Verhältnis (als Volk) zu ihnen nach. Ich sammle die Informationen über die Griechen zusammen, die wir bis jetzt getroffen haben. Die, mit denen wir über das Leben sprechen konnten, konnten allesamt deutsch sprechen. Sie waren Gastarbeiter in Deutschland. Fünf, acht oder zehn Jahre waren sie da. Sie erzählen das ohne leuchtende Augen, anders als es türkische Gastarbeiter tun. Ohne Lächeln, eher mit Groll. Toni bohrt immer nach und fragt:“Und, hat Ihnen Deutschland gefallen?“ Sie zögern meistens mit der Antwort und ich glaube, sie möchten ihn nicht mit der Antwort verletzen, das zu sagen, was ihnen auf der Zunge liegt. Offensichtlich haben sie sich –  milde ausgedrückt – bei uns nicht wohlgefühlt. Kostas, der Pizzabäcker, sprach es aus – er meinte: „Dortmund ist eine schwarze Stadt!“ Damit meinte er gewiß nicht die Regierung.

Ein älterer Mann war in einer Papierfabrik Gastarbeiter und erzählte, dass seine Kinder in Deutschland ständig krank waren. Seit er wieder hier ist, ist alles besser. Jetzt kämen Albaner als Gastarbeiter nach Griechenland.

Jüngere Griechen schreien aus dem Auto „Hallo Ausländer“, oder andere Sachen. Einmal habe ich gesehen, wie ein junger Mann aus dem Auto eines Militärfahrzeuges einen Hitlergruß gemacht hat, als er an uns vorbei gefahren ist.

Hat die Generation meiner Eltern die Griechen schlecht behandelt, als sie in Deutschland waren? Ich wusste nicht einmal dass so viele Griechen bei uns gearbeitet hatten. Halten die Türken uns Deutsche mehr aus? Passen, trotz Religionsunterschiede, die Mentalitäten der Türken und Deutschen besser zusammen als die Griechen und die Deutschen?

Ich weiß es nicht. Heute habe ich allerdings ernsthaft überlegt, mir das Fussballfähnchen am Rad abzumachen. Auf der anderen Seite – wenn man ein deutsches Kennzeichen am Auto hat, wird man offensichtlich nicht als Ausländer beschimpft…

Die E90

Ich melde mich spät, denn der heutige Radtag war lang und in der zweiten Hälfte sehr windig. Mit dem Zimmer hatten wir Probleme, weil wir in einer Urlaubsregion sind und die Griechen hier offensichtlich noch rege Urlaub machen.

Heute dachte ich über die Straße E90 nach. Wir fahren schon seit Anbeginn unseres Griechenlandbesuchs immer wieder auf ihr. Die Autobahn, die nun durch das ganze Land führt, nimmt nahezu den gesamten Verkehr auf.

Ich denke daran, dass vor ein paar Jahren die E90 wahrscheinlich eine der  wichtigsten Verkehrsadern war. Ich vernehme in meiner Fantasie jaulendes kreischendes rumpelndes und nimmer enden wollendes Getöse auf dieser Straße.

Tag und nacht, Sommer wie Winter, keine Ruhe. Nicht auszudenken, was das für die Orte, durch die sie führt, bedeutete. Lärm, Abgase, Leid, aber auch Geschäft, Leben, Lastwagenfahrer, Leute, Geschichten. Die Lastwägen quälten sich Kilometer für Kilometer weiter voran und wurden von rasanten Autofahrern überholt. Es wurde die große Liebe im Straßencafé gefunden oder beim Abschied auf dem Parkplatz geweint. Die Straße war bestimmt legendär und gefährlich, weil unzählige Menschen hier ihr Leben lassen mussten oder wollten.

Heute liegt sie da, wie ein gezähmter Wolf. Ruhig führt sie durch die Urlaubsorte. Die Restaurants sind verlassen, die Verkaufsstände verstaubt. Ich kann ungestört mit meinem Fahrrad in der Mitte der Fahrbahn fahren, es dauert ewig, bis ein verlassenes Auto kommt.

Irgendwie fühle ich mich wohl, weil ich mir nicht auszumalen weiß, wie es wäre, wenn es die Autobahn jetzt noch nicht gäbe, aber irgendwie bin ich auch berührt, weil ich fühle, auch eine Straße hat ihren Stolz, ihre Geschichte. und nicht mehr benützt zu werden, nicht mehr wichtig zu sein, das ist nicht nur für eine Straße nicht schön…

Bild des Tages: 24.8.

Heute trafen wir ein Paar aus Frankreich. Die beiden sind seit einem Jahr unterwegs und haben schon ca. 12 000 km mit dem Rad hinter sich.

Sie fahren jetzt den Weg zurück nach Frankreich und wollen in 2 Monaten wieder daheim in Orleans sein.

Harte Nuß

Heute war es mal wieder an harter Radltag. Dabei ging es am Morgen ganz entspannt los. Wir hatten ein tolles Frühstück. Der Wind war noch schwach – aber natürlich entgegen unserer Fahrtrichtung.

Wir strampelten so von Dorf zu Dorf, ohne recht vorwärts zu kommen. Problematisch war zudem, daß auf unserer Route eine Reihe von Bergen liegen. Es gab auf der Karte einen weiß eingezeichneten Weg, von dem uns aber die Einheimischen abrieten.

Und jeden den wir fragten, gab uns andere Tipps, wie wir fahren sollten.

Schlußendlich trafen wir in einem Dorf namens Xaligani ein französisches Paar. Und die beiden hatten just diesen diesen weiß gekennzeichneten Weg hinter sich gebracht. „No problem – no street – but no problem. Just one small mountain“.

Wir machten uns also auf den Weg. Es waren neben dem Großglockner die „längsten“ 15 km auf unserer Route. Die beiden hatten uns ja informiert, daß es ein Schotterweg sein werde. Aber wenn die das schaffen…

Anfangs war es noch ganz angenehm. Doch im weiteren Verlauf war es eine knochenharte Tour über die Berge. Wir hatten Mühe, den Weg nicht zu verlieren. Manchmal waren die Steine auf dem Weg so groß, daß wir nur noch Schieben konnten.

So haben wir ca. 2 h benötigt, um die läppischen 15 km zu bewältigen. Das war ne harte Nuß.

Aber landschaftlich war es wunderbar. Zum Wandern einsame Spitze. Aber mit dem Rad der reinste Horror.

Wie gehts eigentlich dem Frauenkörper?

Da ich mich zu den „Normalos“ zähle, was sportliche Aktivitäten angeht und es auch viel mehr im Kopf habe als in den Muskeln, erzähle ich euch mal, wie es einem Frauenkörper so geht, wenn man seit 30 Tagen mit einem Tag Pause  auf dem Drahtesel sitzt.

Wenn man 70 Kilometer gefahren ist, verspannen sich zwangsläufig die Nackenmuskeln. Die Oberschenkel zwicken schon immer mal zwischendrin. Gibt man denen Nahrung in Form von Saft – sprich Zucker, hört das wieder auf. Hunger hat Frau schon vor 12 Uhr, obwohl man erst vor drei Stunden ordentlich gefrühstückt hat.

Abends ist die Dusche die Belohnung für die Riechorgane sowie für die erhitzte Haut. Ein schön duftendes Duschgel – perfekt.

Liegen ist – anders als beim Pilgern – viel viel besser als sitzen. Also abends im Restaurant wirds hibbelig – Der Körper will in die Waagerechte.

Die Stimmung ist, naja, milde ausgedrückt, manchmal nicht gerade euphorisch, was sich aber nach den Mahlzeiten geben kann.

Das schönste ist die Nacht, Frau schläft, wie mit dem Holzhammer draufgehauen – tief und traumlos.

Das schlimmste ist jeder Morgen, und das hat sich auch bis jetzt leider nicht gegeben: man meint, über Nacht ist ein Panzer über den Körper gefahren. Die Ellbogen schmerzen und das Kreuz ist lahm (Matratzenabhängig verstärkt). Die Finger meinen auch, etwas getan zu haben, und zwar Lenker halten und Bremsen. Also, die tun morgens auch weh.

All das gibt sich nach den Lockerungsübungen, wie zum Beispiel Yoga, wieder. Und dann beginnt wieder ein neuer Radeltag. Frau steigt auf und weiter gehts. Und schee is es!

Türkische Grenze naht

Heute werden wir voraussichtlich die türkische Grenze passieren. Wir stehen 40 km davor. Wir freuen uns schon sehr. Natürlich sind wir gespannt, wie es hinter der Grenze aussieht. In diesem Gebiet der Türkei waren wir noch nicht, haben uns aber erzählen lassen, dass es z.B. in Tekirdag sehr schön sein soll.

Fazit zu Griechenland: Die Landschaft ist großenteils atemberaubend, zum Radfahren würde ich sagen, war das das Land, was mit am besten gefallen hat, breite Straßen, wenig Verkehr, abwechslungsreiche Verhältnisse. Tolle Strände, insbesondere nach Kavala bis hier ist es eine traumhafte Küste für einen erholsamen Strandurlaub, wenn man die Einsamkeit sucht und verwunschene Strände, dann hier.

Hie Hotels und Pensionen, die Landschaft ist picobello sauber. Note eins!

Die Menschen waren leider nur teilweise sehr freundlich. Das letzte, was ein Radfahrer gebrauchen kann, ist nach einem langen harten Tag eine unfreundliche Behandlung. Aber je näher wir der türkischen Grenze kamen, wurden jetzt auch die Leute im Schnitt wieder  herzlicher. Der Franzose hat es gestern so ausgedrückt: „You cross the border to greece, and you will miss the smile“…