Eine greislige bergige schöne Zielgerade

Nun, meine Überschrift ist heute sehr ambivalent, so wie einer der letzten Fahrradtage nach Istanbul durch die Türkei. Die gezähmte Schnellstraße aus Griechenland hat sich in der Türkei zu dem lauten Monster gewandelt, von dem ich neulich mal in meiner Fantasie sinnierte. Ein Highway, wie er greisliger nicht sein kann. Und Ausweichstrecken gibt es nicht. Der Randstreifen ist sehr breit, wie in Griechenland auch, nur die beiden Spuren daneben werden immer besser ausgenutzt. Der Gipfel waren heute gezählte 50 Omnibusse hintereinander! Ganz zu schweigen von den türkischen LKWs – ich bin „doshoarad“ (schwerhörig!)

Die Türken haben sich nicht die Mühe gemacht, die Berge wegzusprengen, nein, es geht 7% rauf und auch wieder runter. Und das die ganze Zeit! Wah! Und auf der Landkarte sieht alles superflach aus, keine Höhenlinien zu sehen. Was für eine Enttäuschung ist doch die Realität.

Dafür gibt es Begegnungen menschlicher Natur und das ist so schön.

Geschichte Nr. 1: Die Straßenhändler. Sie verkaufen Melonen, Feigen, Obst. Und sie jubeln uns zu. Die Alten, die im Schatten Brotzeit machen, winken mich heran, ich solle mitessen, einen Tee trinken. Das ist normalerweise sehr schön, einem alten Menschen ins Gesicht zu schauen und mit ihm „seinen“ Tee zu trinken. Aber zum Verweilen habe ich heute keine Geduld. Ich will ankommen. So fahre ich diesmal dran vorbei. Ein Alter wollte mir eine Melone! schenken – Wo hätte ich sie hintun sollen?

Geschichte Nr. 2: Mittagessen. Wir fahren einen kleinen Garten zum Mittagessen an. Eine deutsch-türkische Familie aus Stuttgart steht schon am Parkplatz und überschüttet uns mit Fragen, die uns bestimmt schon 50 Mal an diesem Tag gestellt wurden. Woher? Wohin? Wie lange? Wieviel Kilometer? Schwups, ehe wir uns versahen, hatten wir beide ein Pfund Trauben in der Hand und tausend gute Wünsche für die weitere Fahrt im Herzen.

Geschichte Nr. 3: Die Panne. Ein Traktor mit einem monströsen Teil überholt uns. Ein Begleitfahrzeug schirmt ihn mit Warnblinanlage ab. Sie winken uns zu. Eine halbe Stunde später stehen sie am Fahrbahnrand. Toni fährt als erstes dran vorbei, der im Begleitfahrzeug streckt ihm eine köstliche Nektarine hin. Toni lehnt sie ab. Aber da hält ihn der Traktorfahrer schon auf. Dann passiere ich die Fahrzeuge, ich nehme die Nektarine an und halte ebenfalls. Wir plaudern und sie freuen sich über mein bisschen türkisch. Warum erzähle ich das? Am Anhänger ist der Reifen in tausend Fetzen und die stehen da und sind gut drauf! Und der Gipfel: WIR kriegen was von denen geschenkt! Das ist doch rührend, oder?

Geschichte Nr. 4: Der LKW-Fahrer. Ein LKW-Fahrer mit einem Monster-LKW überholt uns. Er bleibt stehen. Ich denke noch: „Nicht schon wieder plaudern..Oder hat er ein Problem?“ Der Fahrer geht nach hinten, macht direkt vor uns seine Luke auf und sagt: „Hadi gel“ (Hopp, komm). Der wollte uns glatt einfach so mitnehmen…

6 Gedanken zu „Eine greislige bergige schöne Zielgerade

    • Lieber Martin, auch der letzte Tag will geradelt werden. Also das Gefühl unter Tags ist immer das gleiche: Konzentration auf das Radfahren. Aber jetzt, jetzt ist es ein tolles Gefühl! Bis bald dann mal beim Tavernwirt!

  1. Hallo ihr beiden, das sind tolle Geschichten, wie man sie nur beim Radfahren erlebt! Das mit dem LKW habe ich auch in Norwegen schon erlebt! Und dann war er schockiert das wir mitten in den Bergen nach stundenlangem Regen sein Angebot ablehnten! Gleichzeitig aber das kompliment, ihr deutschen seid so hart wie Norweger! Und wenn ein Norweger so etwas sagt ist es mehr als ein Kompliment!
    Denn in norwegischen Augen ist nur eins so hart wie Norweger, Granit, Stahl… Hehe

    Euch weiter so viel Spaß auf den letzten „Metern“!

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