Die Amalfiküste macht mir heute keine Ehre

Wie komme ich dazu, so eine Überschrift zu setzen? Wo doch die Amalfiküste zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Und eigentlich, wenn ich die Bilder von heute durchsehe, den Beitrag gerne anders gestalten möchte. Aber es war einfach nicht so schön, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Woran lags? Tja, also, die Straße war superschmal, Autos hatten Mühe, an mir vorbeizufahren, manches Mal musste ich abrupt vom Rad hupfen, damit ich nicht vor dem Auto lande. Kein Platz, nicht für mich, nicht für die wenigen Fußgänger, die sich auf der gefährlichen Straße aufhielten, um die Aussicht per Pedes zu genießen. Es roch, statt wie erwartet, nicht nach Zitronen oder Kräutern, sondern nach Abgasen, und das den lieben langen Tag. Natur nur sehen, aber nicht riechen, nicht genießen, nicht erfahren? Nix für mich…

Ich kaufte zwei Pfirsiche für sage und schreibe fünf Euro am Straßenrand. Vier Euro kostete eine Lemon Soda, das sind Mondpreise für uns tausende doofe Touristen, und das ärgert mich gleich noch viel mehr.

Von den unzähligen Amis wurde ich regelrecht angegafft, „Look at her, look at her!“ rief eine junge Touristin. Ja schaut alle her, i bin a dumma bayrischer Aff auf am Drahtesl und i foa noch Paleamooo! Oh Mann!

Dazu ging bis 14.00 Uhr kein Wind, es war so schwül und quälte mich bei den Auffahrten. Dann, oh Graus, schlug das Wetter pötzlich um, es tobte über uns ein Gewitter, es regnete, die Straße wurde zur Rutschpartie für die vielen Touritransporte, die es alle eilig hatten, nach Hause zu kommen. Heute bin ich platt, aber nicht von der Anstrengung, sondern eher von meiner mentalen Anspannung, eben nicht in einem von diesen – wenig vertrauenserweckenden – Krankenhäusern in Napoli zu landen.

Eine Frau sagte einmal zu mir: Unglücklich machen einen nur die eigenen Erwartungen…Da hat sie vollkommen Recht. Ich hatte mir zuviel erwartet oder was andres. Nicht, dass diese optisch nicht in Erfüllung gegangen wären. Aber alles sonst war nicht so toll.

Amalfiküste ist traumhaft? Aber ja! In einem weißen Kleid, mit Sonnenhut und leichten Schühchen, auf dem in Leder bezogenen Beifahrersitz des hellen klimatisierten Cabrios, bei einem klaren sonnigen Tag mit leichter Brise, die Hand auf dem Oberschenkel meines Mannes, der fährt, ein italophiles Lächeln auf den Lippen: Ach Bella Italia …

11 Gedanken zu „Die Amalfiküste macht mir heute keine Ehre

  1. Was für ein alles in allem doch humorvoller Beitrag!!! Ich kann Dich sehr gut verstehen.

    Okay:
    das Gewitter zieht vorüber
    die Preise für Obst etc werden sich wieder normalisieren
    wenn Ihr heute Abend eine gute Bleibe gefunden und gut gegessen habt, geht’s schon besser
    und morgen sieht alles anders aus

    Weiterhin eine gute Reise!!!

  2. …und im Zweifelsfall gibt’s hier sicher auch eine leckere Flasche Wein, um wenigstens den Abend zu einem erinnerungswürdigen Bestandteil werden zu lassen 🙂

  3. Aber ist genau das nicht überall das Los einer typischen Tourigegend/-stadt? Ich möchte z.B. auch nicht in der Ferienzeit ans Kap Formentor auf Mallorca oder am Gardasee entlang radeln, obwohl ich diesen See liebe! Klar man muss es wohl mal gesehen und auch getan haben, aber man weiß im Groben, dass es keinen Spass machen wird…

  4. Also liebe Simone,

    irgendwie entsteht mir der Eindruck so langsam dass dir diese Reise weniger Spaß macht als die nach Marakesh.
    Kann das sein?

    Lieben Gruss aus OB

    Dimmi

  5. Das passt doch zum Bild einer oberflächlichen Gesellschaft, die sich leider überall finden lässt. Geld, Schnelllebigkeit, … Nur – es gibt auch die anderen und das versinnbildlicht ihr auf eurer Reise. Die Zufriedenheit ist auf Eurer Seite und das zählt doch im Leben – oder?

  6. @dimmi: mei, ja vielleicht ist die tendenz da, zu sagen, es macht weniger spass, weil italien weniger sauber, weniger radweg, mehr touris, weniger sonne als letztes jahr, mehr, viel mehr höhenmeter. aber eigentlich ist jede radreise für sich anders und jede ein auf und ab. subjektiv würde ich sagen, diese reise ist die beste seither, weil die erfahrung mehr genießen lässt.

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