Versautes Karma

„HOLLA DU DOOFE KUH, DU FÄHRST DEN CAMINO ANDERS HERUM, SOOOO MUSST DU FAHREN!“ (Frei vom Spanischen ins Deutsche übersetzt) Ein spanischer Mountainbiker braust schreiend von hinten an und palavert auf mich ein. Am liebsten hätte er mich am Portu Gallo gepackt und mein Fahrrad in die richtige Richtung gedreht. Ich erschrecke mich zu Tode, während ungefähr 20 Pilger mir entgegenkommen, denen ich ausweichen muss. Der holprige Weg ist mit großen Steinen übersät, ausgeschwemmt, eigentlich nicht wirklich ein Radweg, aber dazu gleich.
Mir entgleitet ein wütendes „Schleich di, du Hamperer!“ voraufhin er wie ein geprügelter Hund „oh oh oh“ jammerte und von dannen zog. Er ließ es sich nicht nehmen, den weiter vorne fahrenden Toni – etwas kleinlauter – darauf hinzuweisen, dass wir doch falsch führen.
Offen gestanden, ich habe fertig mit Jakobsweg und auch Spanien. Die Spanier haben echt die Nerven und lassen den Pilger auf einem – untertrieben gesagt – unter aller Kanone-Weg radeln und auch laufen. Die Autobahn läuft entlang dieses Weges oder führt immer wieder auf heulende Bundesstraßen; dem ewig grinsenden und „Buon Camino“-grüßenden asiatischen Pilger scheints auch noch zu gefallen.
Ich rege mich wirklich auf. Hätten wir in Deutschland so eine Weg-Goldgrube wie den spanischen Jakobsweg, würden wir diesen Weg auch vergolden. Es gäbe eine extra Spur, geteert und beschildert, für die Radler, und einen perfekt gepflegten, ausgeschnittenen, aufgeschotterten, trittsicheren und romantisch gelegenen Weg für Fußpilger.
Ich will damit sagen: seit Jahrtausenden wissen die Spanier, dass hier Pilger unterwegs sind. In den Städten verkaufen sie dem Reisenden doch auch alles mögliche an Kitsch und Krempel. Der Weg und die damit verbundene Pflege, da pfeifen sie drauf. Ich sehe ein Schild: Camino di Santiago, gefördert von der EU. Fragt sich, ob das Geld nicht eher in die parallel laufende, nagelneue Autobahn geflossen ist.
Toni meint, ich hätte mir durch meine Meinung mein Karma für dieses und meine nächsten Leben versaut. Nun, wenn dies so ist, hoffe ich, dass mir wenigstens der Apostel Jakob verzeiht, denn ich kann behaupten, den Jakobsweg seit Portugal zu fahren, wenn auch seit Santiago andersherum. Etwas gutes muss ich dem Weg lassen. Die Infrastruktur der Übernachtungen ist sehr gut (Rettet das mein Karma ein bisschen? ;-).

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Ein Gedanke zu „Versautes Karma

  1. Liebe Simone, 😉 ein Pilgerweg ist seit Alters her ein „steiniger“ und kein „schöner, oder leichter“ Weg, der mühselig zu Fuß zurückgelegt wird, geschweige denn ein Radlweg, deshalb brauchen die Spanier auch gar nix zu machen, denn Pilger machen es ja freiwillig.

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